20 W (pat) 24/16
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 24/16 Verkündet am 20. März 2019
…
BESCHLUSS In der Beschwerdesache …
betreffend das Patent 10 2006 027 550 ECLI:DE:BPatG:2019:200319B20Wpat24.16.0 hat der 20. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. März 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dipl.-Ing. Musiol, die Richterin Dorn sowie die Richter Dipl.-Ing. Albertshofer und Dipl.-Phys. Bieringer beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe I.
Gegen das am 13. August 2007 von der Prüfungsstelle für Klasse H 04 L des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) erteilte und am 20. Dezember 2007 veröffentlichte Patent 10 2006 027 550 mit der Bezeichnung
„Verfahren zur Fehlerdiagnose eines datenbusvernetzten Systems und Diagnosesystem“
hat die Einsprechende am 17. März 2008 Einspruch eingelegt und beantragt, das Patent zu widerrufen. Die Patentabteilung 31 des DPMA hat das Patent daraufhin mit am Ende der Anhörung vom 10. Dezember 2015 verkündetem Beschluss in der Fassung des in der Anhörung überreichten Hilfsantrags beschränkt aufrechterhalten. Zur Begründung ist ausgeführt, dass der Einspruch entgegen der Ansicht der Patentinhaberin zulässig sei und der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung nicht neu gegenüber der Lehre der Druckschrift DE 10 2004 026 594 A1 (D3) sei. Das mit Hilfsantrag 1 beanspruchte Verfahren sei hingegen gegenüber dem Stand der Technik neu und beruhe auf einer erfinderischen Tätigkeit. Entsprechendes gelte für den nebengeordneten Anspruch 11, so dass das Patent im Umfang des Hilfsantrags 1 beschränkt aufrechtzuerhalten sei.
Gegen den o. g. Beschluss richtet sich die am 10. Juni 2016 eingelegte Beschwerde der Patentinhaberin. Sie stützt sich weiterhin darauf, dass der Einspruch unzulässig sei. Abgesehen davon sei der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der erteilten Fassung patentfähig.
Aus dem Prüfungs- und Einspruchsverfahren sind folgende Entgegenhaltungen aktenkundig:
D1: DE 103 43 403 A1 D2: DE 103 07 344 A1 D3: DE 10 2004 026 594 A1 D4: DE 10 2004 053 952 A1 D5: DE 199 14 829 A1 D6: US 6,553,336 B1.
Der Bevollmächtigte der Patentinhaberin beantragt,
den Beschluss der Patentabteilung 31 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 10. Dezember 2015 aufzuheben und das Patent 10 2006 027 550 in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Hilfsweise beantragt er,
das Patent auf der Grundlage folgender Unterlagen aufrechtzuerhalten:
Patentansprüche 1 bis 16 vom 02. November 2016, beim BPatG als Hilfsantrag 1 eingegangen am 04. November 2016 Beschreibung und Zeichnungen wie Patentschrift. Die im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht erschienene Einsprechende hat schriftsätzlich keinen Antrag gestellt. Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:
-5Die geltende Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:
Wegen der erteilten Patentansprüche 2 bis 10 gemäß Hauptantrag wird auf die Streitpatentschrift und hinsichtlich der Patentansprüche 1, 2 und 4 bis 16 gemäß Hilfsantrag 1 sowie weiterer Einzelheiten wird auf die Akte verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, da zum einen der Einspruch zulässig ist und zum anderen weder der Gegenstand des Patentanspruchs 1 in der Fassung des Hauptantrags noch der Gegenstand des Patentanspruchs 3 in der hilfsweise beantragten Fassung neu ist (§ 1 Abs. 1, § 3 PatG).
1. Das Patent betrifft ein Verfahren zur Fehlerdiagnose eines datenbusvernetzten Systems mit zumindest zwei Steuergeräten, bei welchem zumindest Änderungen von Betriebszuständen des Systems und der Steuergeräte aufgezeichnet werden, sowie ein entsprechendes Diagnosesystem (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0001]). Gemäß Abs. [0002] der Patentschrift komme es in modernen Fahrzeugen aufgrund erhöhter Vernetzung zu erhöhter Stromaufnahme, was zum Liegenbleiben aufgrund leerer Batterien führen könne. Da die Ursache dafür oftmals in den Werkstätten nicht gefunden werden könne, würden vielfach unberechtigt Steuergeräte und Batterien gewechselt.
Aus dem Stand der Technik sei ein Verfahren zum Überwachen von Weckvorgängen bei einem Datenbussystem in einem Fahrzeug bekannt (DE 102 46 337 B3). Demgemäß würden Datenbussignale lediglich während eines Überwachungszeitraums aufgezeichnet, der mittels eines Triggers auf ein bestimmtes Ereignis gestartet würde. Das bekannte Verfahren beziehe sich auf das nachträgliche Einschalten eines Messequipments, wodurch lediglich eine Offline-Analyse durchgeführt werde. Weiterhin sei aus der DE 100 29 642 A1 eine Überwachungseinrichtung bekannt, bei der eine Busbeobachtungseinheit an den Bus angekoppelt werde, welche den gesamten Datenverkehr aufzeichne und zeitrichtig wiedergeben könne. Auch damit werde lediglich eine Offline-Analyse durchgeführt. Aus der Druckschrift DE 103 07 344 A1 (als D2 im Prüfungsverfahren genannt) sei ein Verfahren zur Onboard-Diagnose eine Kraftfahrzeugs bekannt. Dabei würden in Diagnosemastern steuergeräteübergreifend Systemdiagnosen durchgeführt. Schließlich sei aus der Druckschrift DE 103 43 403 A1 (als D1 im Prüfungsverfahren genannt) ein weiteres Verfahren zur Onboard-Überwachung einer dezentralen Abwicklung eines Protokolls in einem Netzwerk aus mehreren über einen Datenbus miteinander kommunizierenden Steuergeräten in einem Fahrzeug bekannt (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0003] bis [0006]).
Als die der Erfindung zugrunde liegende Aufgabe nennt die Streitpatentschrift, ein Verfahren und ein Diagnosesystem zu schaffen, mit welchem eine Fehlerdiagnose bei datenbusvernetzten Systemen präzise ermöglicht werden könne (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0008]).
2. Bei dem mit dieser Problemstellung angesprochenen Fachmann handelt es sich um einen Elektroingenieur, der über eine mehrjährige Berufserfahrung in der Entwicklung von datenbusvernetzten Systemen und zugehörigen Diagnosesystemen in Fahrzeugen verfügt.
3. Der erteilte Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag lässt sich in folgende Merkmale gliedern (Gliederungszeichen hinzugefügt):
M1.1 Verfahren zur Fehlerdiagnose eines datenbusvernetzten Systems in einem Fahrzeug (I) mit zumindest zwei Steuergeräten (21, 22, 31, 32, 41, 51),
M1.2 bei welchem zumindest Änderungen von Betriebszuständen des Systems und/oder der Steuergeräte (21, 22, 31, 32, 41, 51) aufgezeichnet werden,
M1.3 wobei der Betriebszustand des Systems von einem ersten in einen zweiten Betriebszustand geändert wird,
M1.4 wobei Onboard aufgezeichnet wird, durch welches Steuergerät (21, 22, 31, 32, 41, 51) die Änderung des Betriebszustands des Systems bewirkt wird,
M1.5 wobei im Nachfolgenden wieder der Übergang in den ersten Betriebszustand eingeleitet wird, und M1.6 erkannt und Onboard aufgezeichnet wird, durch welches Steuergerät (21, 22, 31, 32, 41, 51) gegebenenfalls ein ordnungsgemäßer Übergang in diesen ersten Betriebszustand verhindert wird,
dadurch gekennzeichnet, dass M1.7a die Zeitdauer, wie lange sich das System im zweiten Betriebszustand befindet und/oder M1.7b die Anzahl der Zyklen, in denen das System zwischen den beiden Betriebszuständen wechselt, aufgezeichnet wird.
4. Der Fachmann versteht, dass der erteilte Patentanspruch 1 ein Verfahren zur Fehlerdiagnose eines datenbusvernetzten Systems in einem Fahrzeug betrifft (Merkmal M1.1). Das System soll zumindest zwei Steuergeräte aufweisen (Merkmal M1.1) und Änderungen von einem ersten zu einem zweiten Betriebszustand aufzeichnen (Merkmal 1.2 i. V. m. Merkmal M1.3). Die Änderungen sollen das System und/oder die Steuergeräte betreffen. Im Ausführungsbeispiel werden der erste Betriebszustand als Sleep-Modus und der zweite Betriebszustand als Wachzustand ausgeführt (vgl. Streitpatentschrift, Abs. [0016] u. [0017]). Der Wortlaut des Patentanspruchs 1 ist auf dieses Ausführungsbeispiel nicht beschränkt und umfasst auch andere Zustände, zwischen denen das System oder die Steuergeräte wechseln können. Gemäß Merkmal M1.4 wird Onboard aufgezeichnet, welches Steuergerät die Änderung vom ersten in den zweiten Betriebszustand bewirkt hat. Aus fachmännischer Sicht erfolgt die Aufzeichnung somit innerhalb des Systems bzw. der Steuergeräte im Fahrzeug, wobei unter Aufzeichnung insbesondere auch ein Speichern der Zustandsinformation zu verstehen ist. Gemäß Merkmal M1.5 soll ein Übergang von dem zweiten Betriebszustand zurück in den ersten eingeleitet werden, ferner soll gemäß Merkmal M1.6 aufgezeichnet werden, welches Steuergerät gegebenenfalls den ordnungsgemäßen Übergang verhindert. Der Fachmann versteht das letztgenannte Merkmal dahingehend, dass beispielsweise aufgezeichnet werden soll, welches Steuergerät einen Fehlerfall gemeldet hat. Die kennzeichnenden Merkmale M1.7a und M1.7b sind durch „und/oder“ miteinander verknüpft. Gemäß Merkmal M1.7a soll aufgezeichnet werden, wie lange (Zeitdauer) sich das System im zweiten Betriebsmodus befindet. Gemäß Merkmal M1.7b soll die Anzahl der Zyklen, in denen das System zwischen den beiden Betriebszuständen wechselt, aufgezeichnet werden.
5. Der fristgerecht eingelegte Einspruch ist auch im Übrigen zulässig.
Nach § 59 Abs. 1 Satz 2 PatG ist der Einspruch schriftlich zu erklären und zu begründen. Die Begründungspflicht wird in § 59 Abs. 1 Satz 3 und 4 PatG dahingehend präzisiert, dass zum einen ein Widerrufsgrund nach § 21 PatG anzugeben ist und zum anderen „die Tatsachen, die den Einspruch rechtfertigen, …im Einzelnen anzugeben [sind]“. Diesen formellen gesetzlichen Anforderungen genügte die Einspruchsschrift der Einsprechenden vom 12. März 2008.
5.1 Der Widerrufsgrund ist in der Einspruchsschrift hinreichend konkret benannt worden (§ 59 Abs. 1 Satz 3 PatG). Zwar ist dort der Widerruf des Streitpatents nur unter pauschaler Bezugnahme auf § 21 Abs. 1 PatG beantragt worden, aus den nachfolgenden Ausführungen ergibt sich aber zweifelsfrei, dass der Einspruch allein auf eine fehlende Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG gestützt wird, wobei hinsichtlich des Patentanspruchs 1 ausdrücklich die Neuheit in Abrede gestellt worden ist (§ 1 Abs. 1, § 3 PatG).
Der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand der Patentinhaberin, dass aus den Ausführungen in der Einspruchsbegründung zu den abhängigen Unteransprüchen 2, 6, 7 und 8 nicht ersichtlich sei, ob sich die Argumentation der Einsprechenden auf den Widerrufsgrund der fehlenden Neuheit oder der mangelnden erfinderischen Tätigkeit stütze, greift nicht durch. Denn zum einen ist ein Einspruch, mit dem der Widerruf eines mehrere Nebenansprüche umfassenden Patents begehrt wird, bereits dann zulässig, wenn die Patentfähigkeit nur eines Nebenanspruchs angegriffen wird (vgl. BGH GRUR 2003, 695 – automatisches Fahrzeuggetriebe; Busse/Keukenschrijver, PatG, 8. Aufl., § 59 Rn. 102); ein Eingehen auf Unteransprüche ist grundsätzlich nicht erforderlich (BPatG, Beschluss vom 27.01.2003 – 11 W (pat) 701/02; Busse/Keukenschrijver a. a. O.). Zum anderen ist der gesetzlichen Anforderung aus § 59 Abs. 1 Satz 3 PatG genüge getan, wenn der Einspruch auf den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG, der alle Patentvoraussetzungen und Patenthindernisse der §§ 1 bis 5 PatG umfasst, gestützt wird; eine Differenzierung nach fehlender Neuheit (§ 3 PatG) und/oder mangelnder erfinderische Tätigkeit (§ 4 PatG) ist für die Zulässigkeit des Einspruchs nicht erforderlich. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Einsprechende wegen der engen „Verwandtschaft“ von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit nicht gehindert ist, von dem ursprünglichen Einwand fehlender Neuheit das Schwergewicht seiner Argumentation später auf das Fehlen erfinderischer Tätigkeit zu verlagern (vgl. Benkard, PatG, 11. Aufl., § 59 Rn. 54).
5.2 Entgegen der Ansicht der Patentinhaberin erfüllt die Einspruchsschrift auch die formellen Voraussetzungen des § 59 Abs. 1 Satz 4 PatG.
Der Bundesgerichtshof und nachfolgend auch das Bundespatentgericht halten es in der jüngeren Rechtsprechung für ausreichend, wenn innerhalb der Einspruchsfrist diejenigen druckschriftlichen Entgegenhaltungen genannt sind, die den geltend gemachten Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit ausfüllen sollen (vgl. BGH, Beschluss vom 30.07.2009 – Xa ZB 28/08, juris Rn. 12 und 13 – Leistungshalbleiterbauelement; BPatG, Beschluss vom 15.06.2012 – 7 W (pat) 17/11, juris Rn. 55 ff. – Authentifizierungssystem). Dem schließt sich der erkennende Senat jedenfalls für den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit aufgrund fehlender Neuheit gegenüber dem druckschriftlichen Stand der Technik an.
Diese Anforderungen an die Substantiiertheit des Einspruchs hat die Einsprechende vorliegend erfüllt, da sie in der Einspruchsschrift die Formulierung des erteilten Patentanspruchs 1 im Sinne einer eigenen Auslegung erkennbar zu vier Merkmalen zusammengefasst und diese u. a. der Lehre der Druckschrift D3 mit der Behauptung mangelnder Neuheit gegenübergestellt hat (vgl. Einspruchsschrift vom 12.03.2008, Seiten 5/6).
Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung BPatG 20 W (pat) 390/05 vom 18. April 2011 ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, da dort kein Widerrufsgrund ausreichend substantiiert war. Die ebenfalls von der Beschwerdeführerin angeführte Entscheidung BPatG 21 W (pat) 315/08 vom 28. Mai 2009 erging vor der o. g. Entscheidung des Bundesgerichtshofs „Leistungshalbleiterbauelement“ und ist daher nicht mehr als einschlägig zu bezeichnen.
6. Der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag ist nicht neu gegenüber dem im Verfahren genannten Stand der Technik (§ 3 PatG).
Die Druckschrift DE 10 2004 026 594 A1 (D3) betrifft ein „Kraftfahrzeug mit redundantem Steuergerät“ (vgl. D3, Titel). Nach der dortigen Lehre überwachen sich zwei redundante Steuersysteme gegenseitig, wobei eine erkannte Fehlfunktion des einen Steuersystems in dem Steuergerät des anderen Steuersystems gespeichert wird. Das in der Druckschrift D3 beschriebene Ausführungsbeispiel betrifft ein Lenksteuersystem. Im Fehlerfall kann das (andere) redundante System für eine bestimmte Zeit allein genutzt werden. Mit der Feststellung eines Fehlerzustands in einem der Steuergeräte wird in dem jeweils anderen Steuergerät ein Zeitzähler inkrementiert, der in der Werkstatt zurückgesetzt werden soll (wenn der Fehler behoben ist). Das Steuerprogramm gemäß der Druckschrift D3 wird mit gegebenem Takt wiederholt zyklisch durchlaufen, so dass der Zeitzähler sowohl die Dauer des Fehlerzustands als auch die Häufigkeit des Wechsels in den Fehlerzustand für jedes Steuergerät angibt.
Im Einzelnen sind aus der Druckschrift D3 folgende Merkmale des erteilten Patentanspruchs 1 bekannt:
Merkmal M1.1: Verfahren zur Fehlerdiagnose eines datenbusvernetzten Systems in einem Fahrzeug mit zumindest zwei Steuergeräten,
Die Druckschrift D3 zeigt zwei Steuerungen 28 und 30 mit zwei Steuergeräten (ECU) 16 und 18, die über Datenbusse 50 und 52 miteinander vernetzt sind (vgl. D3, Fig. 1 mit Beschreibung, Absätze [0028] – [0030]), also ein datenbusvernetztes System mit zwei Steuergeräten im Sinne des Merkmals M1.1. Das in Figur 1 dargestellte System befindet sich in einem Fahrzeug (vgl. D3, Titel: „Kraftfahrzeug mit redundantem Steuergerät“) und das in dieser Druckschrift offenbarte Verfahren dient der Fehlerdiagnose (vgl. D3, Absätze [0008], [0009], sowie Kontext der gesamten Offenbarung).
Merkmal M1.2: bei welchem zumindest Änderungen von Betriebszuständen des Systems und/oder der Steuergeräte aufgezeichnet werden,
Gemäß der Druckschrift D3 sind zumindest die Betriebszustände Normalzustand bzw. normal arbeitend (vgl. Abs. [0039] i. V. m. Figuren 2 und 3) und Fehlfunktion (vgl. D3, Abs. [0032] und [0035] ff. i. V. m. Figuren 2 und 3) bekannt. Im Fehlerfall eines der Steuergeräte, also in einem definierten Betriebszustand (vgl. D3, Absatz [0032]), wird der Zeitzähler (vgl. D3, Abs. [0041] i. V. m. Figur 3, Schritt S31) der anderen Steuereinrichtung inkrementiert (vgl. D3, Absätze [0035], [0036] und [0048], insb. auch Schritt S13 und S31 in Fig. 3).
Soweit die Beschwerdeführerin vorträgt, es sei in dem Dokument D3 nicht offenbart, dass Änderungen von Betriebszuständen des Systems und/oder der Steuergeräte aufgezeichnet würden, und das Aktivieren von Warnlichtern und des Summers stelle lediglich ein Anzeigen der Änderung des Betriebszustands, aber kein Aufzeichnen dar, vermag der Senat dieser Auffassung nicht zu folgen, da gemäß der Druckschrift D3 ein Fehlerzähler inkrementiert wird und der Zählerzustand selbstverständlich gespeichert werden muss, was der Fachmann als eine Form des Aufzeichnens versteht (vgl. D3, Abs. [0041], 11. Zeile „… sogar noch gespeichert wird,…“).
Merkmal M1.3: wobei der Betriebszustand des Systems von einem ersten in einen zweiten Betriebszustand geändert wird,
Gemäß der Druckschrift D3 wird der Betriebszustand beispielsweise von einem fehlerfrei arbeitenden System zu einem Zustand mit Fehlfunktion geändert, geht also vom Normalzustand in einen Fehlerzustand über (vgl. D3, Abs. [0041] i. V. m. Fig. 3, Schritt 13 mit Abfrageergebnis N für Nein). Dabei entsprechen der Normalzustand dem ersten Betriebszustand und der Fehlerzustand dem zweiten Betriebszustand des Systems im Sinne des erteilten Patentanspruchs 1.
Merkmal M1.4: wobei Onboard aufgezeichnet wird, durch welches Steuergerät die Änderung des Betriebszustands des Systems bewirkt wird,
Die Druckschrift D3 lehrt eine gegenseitige Überprüfung der vollredundanten Steuersysteme und im Fehlerfall eines Steuergerätes, den (Fehler-)zeitzähler der jeweils anderen Steuereinrichtung zu inkrementieren. Somit ist auch klar, welche Steuereinrichtung die Fehlfunktion aufweist und somit die Änderung des Betriebszustands des Systems verursacht hat (vgl. D3, Absätze [0035], [0036] und [0048], insb. auch Schritt S13 und S31 in Fig. 3). Diese Funktionalitäten laufen alle innerhalb der jeweiligen ECU im Kraftfahrzeug ab, also onboard im Sinne des Merkmals 1.4 (vgl. D3, Fig. 1).
Merkmal M1.5: wobei im Nachfolgenden wieder der Übergang in den ersten Betriebszustand eingeleitet wird,
Gemäß der Druckschrift D3 wird das Steuerungsprogramm von beiden ECU 16 und 18 zyklisch durchlaufen wie in den Figuren 2 und 3 dargestellt. Mit dem Feststellen des Normalzustands des ersten Steuersystems (Schritte S7 bis S12 in Fig. 2) wird (ausgehend von einem Fehlerzustand des zweiten Systems) eine Zustandsfeststellung begonnen und aktiv durchlaufen, die im Falle der Feststellung des Normalzustands des zweiten Steuersystems (Schritte S14 bis S18 in Fig. 3) zu einer Zustandsänderung des Gesamtsystems in den Normalzustand („Normalsteuerung“ Schritt S16 in Fig. 3) führt. Dass diese Möglichkeit des Zustandswechsels – anders als von der Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung vorgetragen – gemäß der Lehre der D3 gewollt ist, ergibt sich für den Fachmann in offensichtlicher Weise daraus, dass ausdrücklich ein Abschalten von (den Fehlerzustand anzeigenden) Lampen und Summer vorgesehen ist (Schritte S17 und S18 in Fig. 3) und dies zyklisch überprüft wird, offensichtlich also nicht ausschließlich einer Zurücksetzung in der Werkstatt vorbehalten ist.
Merkmal M1.6: erkannt und Onboard aufgezeichnet wird, durch welches Steuergerät gegebenenfalls ein ordnungsgemäßer Übergang in diesen ersten Betriebszustand verhindert wird,
Gemäß Druckschrift D3 erfolgt die Speicherung der Fehlerzeitzähler in beiden ECU 16 und 18 (vgl. D3, Absätze [0035], [0036] und [0048], insb. auch Schritt S13 und S31 in Fig. 3). Damit wird auch erkannt und aufgezeichnet, welche der beiden Steuerungen im Fehlerzustand ist und den Übergang in den Normalzustand (entspricht dem ersten Betriebszustand im Sinne des erteilten Patentanspruchs 1) verhindert hat.
Merkmal M1.7a: die Zeitdauer, wie lange sich das System im zweiten Betriebszustand befindet, aufgezeichnet wird,
Wie sich aus den obigen Ausführungen zu Merkmal 1.3 ergibt, ist der Fehlerzustand nach der Druckschrift D3 ein zweiter Betriebszustand im Sinne des Patentanspruchs 1. Figur 3 der Druckschrift D3 zeigt, dass ab Schritt S31 durch Inkrementieren des Zählers die Dauer erfasst wird, in der sich das System im Fehlerzustand befindet. Damit lehrt diese Druckschrift auch das Aufzeichnen der Dauer des zweiten Betriebszustands im Sinne des Merkmals M1.7a.
Das Merkmal M1.7b fehlt dem in der Druckschrift D3 gelehrten Verfahren.
Da das Merkmal M1.7b fakultativ ist und ein Verfahren mit sämtlichen Merkmalen M1.1 bis M1.7a aus der Druckschrift D3 bekannt ist, ist der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 gegenüber der Lehre dieser Druckschrift nicht neu.
7. Der Gegenstand des Patentanspruchs 3 in der Fassung des Hilfsantrags 1 ist ebenfalls nicht neu gegenüber dem im Verfahren genannten Stand der Technik (§ 3 PatG).
Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 unterscheidet sich vom erteilten Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag dadurch, dass die kennzeichnenden Merkmale M1.7a und M1.7b durch die folgenden Merkmale M3.7aHi1 und M3.8Hi1 ersetzt wurden (Änderungen gegenüber Patentanspruch 1 nach Hauptantrag unter- bzw. durchgestrichen):
M3.7aHi1 M3.8Hi1 die Zeitdauer, wie lange sich das System im zweiten Betriebszustand befindet, aufgezeichnet wird und/oder protokolliert wird, welches Steuergerät (21, 22, 31, 32, 41, 51) wie oft unsachlich [gemeint ist offensichtlich: ursächlich] verantwortlich für ein Einstellen des zweiten Betriebszustands ist.
Der Senat geht davon aus, dass es sich bei dem Wort „unsachlich“ im Merkmal M3.8Hi1 um einen offensichtlichen Fehler handelt und das Wort richtig „ursächlich“ heißen muss.
7.1 Das Merkmal M3.7aHi1 unterscheidet sich in der technischen Lehre nicht von dem Merkmal M1.7a des erteilten Patentanspruchs 1 und ist daher ebenfalls aus der Druckschrift D3 bekannt. Insoweit gelten die obigen Ausführungen unter Ziff. 6 zum Merkmal M1.7a entsprechend.
7.2 Gemäß Merkmal M3.8Hi1 soll nun protokolliert werden, welches Steuergerät wie oft ursächlich für das Einstellen des zweiten Betriebszustands verantwortlich ist, was aus fachmännischer Sicht bedeutet, welches Steuergerät wie oft den zweiten Betriebszustand bewirkt.
Die Änderung ist zulässig. Das Merkmal ist auf Seite 5, Zeilen 20ff. der ursprünglich eingereichten Anmeldeunterlagen offenbart und in der Streitpatentschrift in Abs. [0022] zu finden.
Das Merkmal M3.8aHi1 ist ebenfalls unmittelbar aus der Druckschrift D3 bekannt, denn der (Fehler-)Zeitzähler wird für jeden Durchlauf des Fehlerzweigs (ab Schritt S31 in Fig. 3) um eins inkrementiert und gibt daher unmittelbar an, wie oft das betreffende Steuergerät den Fehlerzustand bewirkt hat.
Somit ist auch der Gegenstand des Patentanspruchs 3 gemäß Hilfsantrag 1 nicht neu gegenüber der Druckschrift D3.
8. Mit dem Patentanspruch 1 gemäß Hauptantrag und dem Patentanspruch 3 gemäß Hilfsantrag 1 fallen auch jeweils alle anderen Ansprüche. Aus der Fassung der Anträge und dem zu ihrer Begründung Vorgebrachten ergeben sich keine Zweifel an dem prozessualen Begehren der Patentinhaberin, das Patent ausschließlich in einer der beantragten Fassungen aufrecht zu erhalten (BGH, Beschluss vom 27.02.2008 – X ZB 10/07, GRUR-RR 2008, 456 Rn. 22 m. w. N. – Installiereinrichtung).
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht jedem am Beschwerdeverfahren Beteiligten, der durch diesen Beschluss beschwert ist, die Rechtsbeschwerde zu (§ 99 Abs. 2, § 100 Abs. 1, § 101 Abs. 1 PatG).
Da der Senat in seinem Beschluss die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist
(§ 100 Abs. 3 PatG).
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt schriftlich beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45 a, 76133 Karlsruhe, einzureichen (§ 102 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 PatG). Die Frist ist nur gewahrt, wenn die Rechtsbeschwerde vor Fristablauf beim Bundesgerichtshof eingeht.
Sie kann auch als elektronisches Dokument durch Übertragung in die elektronische Poststelle des Bundesgerichtshofs eingelegt werden (§ 125a Abs. 3 Nr. 1 PatG i. V. m. § 1 und § 2, Anlage (zu § 1) Nr. 6 der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesgerichtshof und Bundespatentgericht (BGH/BPatGERVV)). Das elektronische Dokument ist mit einer qualifizierten oder fortgeschrittenen elektronischen Signatur nach § 2 Abs. 2a Nr. 1 oder Nr. 2 BGH/BPatGERVV zu versehen. Die elektronische Poststelle ist über die auf der Internetseite des Bundesgerichtshofs www.bundesgerichtshof.de/erv.html bezeichneten Kommunikationswege erreichbar (§ 2 Abs. 1 Satz 2 BGH/BPatGERVV). Dort sind auch die Einzelheiten zu den Betriebsvoraussetzungen bekanntgegeben (§ 3 BGH/BPatGERVV).
Musiol Dorn Albertshofer Bieringer Fi