Paragraphen in IV ZR 162/23
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
---|---|---|
4 | 242 | BGB |
1 | 3 | VVG |
1 | 7 | VVG |
1 | 561 | ZPO |
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Häufigkeit | Paragraph | |
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4 | 242 | BGB |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 162/23 URTEIL in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2024:181224UIVZR162.23.1 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Harsdorf-Gebhardt, Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Bommel im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 22. November 2024 für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Juli 2023 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden ist, dem Kläger Auskunft über alle Beitragsanpassungen zu erteilen, die sie in dem zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag in den Jahren 2013 und 2016 zur Versicherungsnummer KV227192483 vorgenommen hat, und dem Kläger hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf bis 500 € festgesetzt.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit von Beitragserhöhungen in einer privaten Krankenversicherung. Der Kläger hält eine Krankenversicherung bei der Beklagten, die Prämienanpassungen vornahm.
Soweit für die Revision noch von Interesse, hat der Kläger mit seiner Klage Auskunft über alle Beitragsanpassungen verlangt, die die Beklagte in dem Versicherungsvertrag in den Jahren 2013 und 2016 vorgenommen hat; insoweit hat er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, hierzu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen, in denen mindestens die Höhe der Beitragsanpassungen unter Benennung der jeweiligen Tarife, die dem Kläger zu diesem Zwecke übermittelten Informationen in Form von Versicherungsscheinen und Nachträgen zum Versicherungsschein sowie die übermittelten Begründungen dieser Jahre enthalten sind. Darüber hinaus hat er die Zahlung eines nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrages nebst Zinsen und die Herausgabe gezogener Nutzungen in noch zu beziffernder Höhe verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagte unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers zur Auskunftserteilung verurteilt. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, und in diesem Umfang zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, dass die zulässige Auskunftsklage aus Art. 15 DSGVO begründet ist. Bei den Informationen handele es sich um personenbezogene Daten. Für eine Verjährung des Hauptanspruchs sei nichts ersichtlich.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung überwiegend nicht stand.
1. Zu Recht ist das Berufungsgericht allerdings von der Zulässigkeit der Auskunftsklage ausgegangen. Die Umdeutung der zunächst erhobenen Stufenklage in eine von der Stufung unabhängige objektive Klagehäufung, die ein - zumindest für die Rechtsschutzgewährung ausreichendes berechtigtes Interesse des Klägers voraussetzt (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22, VersR 2023, 1514 Rn. 26 m.w.N.), begegnet keinen Bedenken. Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass dies hier der Fall ist. Nach dessen Feststellungen benötigt der Kläger die Auskunft unter anderem, um zu prüfen, welche Beitragserhöhungen erfolgt sind und ob ihm auf dieser Grundlage Rückzahlungsansprüche zustehen.
2. Mit der gegebenen Begründung hätte das Berufungsgericht aber nicht annehmen dürfen, dass dem Kläger der geltend gemachte Auskunftsanspruch zusteht. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils entschieden und im Einzelnen begründet hat (Senatsurteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22, VersR 2023, 1514 Rn. 45 ff.), folgt ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben zur Beitragsanpassung sowie der Nachträge zum Versicherungsschein nicht aus Art. 15 Abs. 1, Abs. 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten,
zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (DSGVO).
3. Die Entscheidung über den Auskunftsantrag erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Ein Auskunftsanspruch ergibt sich nach den bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Vorschriften.
a) Wie der Senat mit Urteil vom 27. September 2023 (IV ZR 177/22, VersR 2023, 1514 Rn. 42) entschieden und im Einzelnen begründet hat, kann er insbesondere nicht auf § 3 Abs. 3 VVG gestützt werden. Der Senat hat außerdem mit Urteil vom 21. Februar 2024 (IV ZR 311/22, r+s 2024, 314 Rn. 18) entschieden und im Einzelnen begründet, dass sich ein Anspruch auf Übermittlung der Begründungsschreiben oder früherer Nachträge zum Versicherungsschein auch nicht aus § 7 Abs. 4 VVG ergibt.
b) Ob dem Kläger der geltend gemachte Auskunftsanspruch aus § 242 BGB zustehen könnte, kann auf Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Nach § 242 BGB trifft den Schuldner im Rahmen einer Rechtsbeziehung ausnahmsweise eine Auskunftspflicht, wenn der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22, VersR 2023, 1514 Rn. 30). Wie der Senat in seinem Urteil vom 27. September 2023 (aaO Rn. 31) entschieden und im Einzelnen begründet hat, kommt ein solcher Anspruch grundsätzlich in Betracht, wenn der Versicherungsnehmer in der privaten Krankenversicherung Auskunft über vergangene Beitragserhöhungen verlangt. Der Auskunftsanspruch setzt jedoch Feststellungen dazu voraus, dass der Kläger nicht mehr über die im Auskunftsantrag bezeichneten Unterlagen verfügt - was die Beklagte hier bestritten hat - und warum es zum Verlust kam. Erst die Darlegung der Gründe des Verlusts durch den Versicherungsnehmer ermöglicht die Beurteilung, ob dem Versicherungsnehmer unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalles und unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausnahmsweise ein Auskunftsanspruch nach § 242 BGB zusteht (vgl. Senatsurteil vom 27. September 2023 aaO Rn. 40 m.w.N.). Die allgemeine Annahme, dass ein Versicherungsnehmer Schreiben des Versicherers nicht für aufbewahrungswürdig halten muss, reicht insoweit nicht aus (Senatsurteil vom 21. Februar 2024 - IV ZR 311/22, r+s 2024, 314 Rn. 14).
III. Die Sache ist im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Der Senat kann nicht in der Sache entscheiden, da das Berufungsgericht zu den Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs aus § 242 BGB zunächst die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben wird. Das Berufungsgericht hatte nach seiner Rechtsansicht bisher auch keinen Anlass, den Kläger auf die Notwendigkeit eines Beweisangebots zum Verlust der Unterlagen und weiteren Vortrags zu den Umständen des Verlustes hinzuweisen; dies wird es unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats nachzuholen haben.
Prof. Dr. Karczewski Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller Dr. Bußmann Dr. Bommel Vorinstanzen: LG Lüneburg, Entscheidung vom 19.04.2022 - 5 O 307/21 OLG Celle, Entscheidung vom 20.07.2023 - 8 U 204/22 IV ZR 162/23 Verkündet am: 18. Dezember 2024 Heinekamp, Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
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