StB 29/24
BUNDESGERICHTSHOF StB 29/24 StB 30/24 BESCHLUSS vom 10. Juli 2024 in dem Strafverfahren gegen wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland ECLI:DE:BGH:2024:100724BSTB29.24.0 Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Juli 2024 gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 und 2, § 306 Abs. 1 und 2, § 311 Abs. 1 und 2 StPO beschlossen:
1. Auf die sofortige Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart wird a) der Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. März 2024 aufgehoben, soweit das Oberlandesgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, eine Entschädigung des Angeklagten ausgesprochen und eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen hat,
b) die Anklage der Generalstaatsanwaltschaft vom 23. Mai 2023 unter Eröffnung des Hauptverfahrens zur Hauptverhandlung vor einem anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart zugelassen.
2. Die Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft gegen den vorgenannten Beschluss wird verworfen, soweit das Oberlandesgericht den Arrestbeschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 6. April 2018 (26 Gs 2601/18) aufgehoben hat.
Gründe:
Die Generalstaatsanwaltschaft wirft dem Angeklagten mit der zum Oberlandesgericht Stuttgart erhobenen Anklage vor, sich mitgliedschaftlich an der ausländischen terroristischen Vereinigung „Arbeiterpartei Kurdistans“ („Partiya Karkeren Kurdistan“, PKK) beteiligt zu haben, deren Zwecke und deren Tätigkeit darauf gerichtet seien, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen; strafbar gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluss vom 28. März 2024 die Eröffnung des Hauptverfahrens aus tatsächlichen und rechtlichen Gründen abgelehnt. Darüber hinaus hat es ausgesprochen, dass der Angeklagte für zwei Durchsuchungs- und Beschlagnahmemaßnahmen sowie einen angeordneten Vermögensarrest zu entschädigen sei. Ferner hat es eine Kosten- und Auslagenentscheidung getroffen. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Generalstaatsanwaltschaft mit ihrer - vom Generalbundesanwalt vertretenen - sofortigen Beschwerde. Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Das Oberlandesgericht hat daneben den mit Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart vom 6. April 2018 angeordneten Arrest in das Vermögen der Ehefrau des Angeklagten,
A. , aufgehoben. Dagegen hat die Generalstaatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Auf ihren Antrag hat das Oberlandesgericht mit Beschluss vom 11. April 2024 die Vollziehung der durch Beschluss vom 28. März angeordneten Aufhebung des Vermögensarrestes gemäß § 307 Abs. 2 StPO ausgesetzt. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
A.
I. Mit der Anklageschrift wird dem Angeklagten zusammengefasst Folgendes zur Last gelegt:
Der Angeklagte habe sich jedenfalls seit Mitte 2015 bis zum 27. Mai 2021 mitgliedschaftlich in der PKK betätigt. In Kenntnis der Ziele, Programmatik und Methoden der Organisation habe er im PKK-Gebiet H. verschiedene Beteiligungshandlungen entfaltet. Im Einzelnen:
1. Er sei dort für die Beschaffung und Verwaltung von Geldern zur Finanzierung sowie Aufrechterhaltung der Organisationsstrukturen der PKK verantwortlich gewesen. Er habe die Funktion eines „Kassiers“ des als Tarnverein für die PKK genutzten „Kurdische Gemeinschaft H. e.V.“ innegehabt. In diesem Zusammenhang habe er Mitgliedsbeiträge kurdischer Landsleute für den Verein beigetrieben und Spendengelder kurdischer Familien sowie von Ladeninhabern eingesammelt. Ferner habe er die Einnahmen der Organisation verwaltet, indem er Spendenzahlungen und Mitgliedsbeiträge für die PKK vorübergehend auf von ihm und seiner Ehefrau eingerichteten Giro- und Sparkonten verwahrt und sodann an PKK-Verantwortliche weitergegeben habe. Überdies habe er auf Anordnung des jeweiligen Gebietsleiters Rechnungen im Zusammenhang mit der Vereinsarbeit bezahlt und Kosten etwa für die Alimentierung hauptamtlicher PKKFührungskader erstattet.
2. Ein weiterer Tätigkeitschwerpunkt des Angeklagten für die PKK habe im Tatzeitraum in der Planung und Durchführung von Propagandaveranstaltungen, Demonstrationen und Kundgebungen der Organisation bestanden. Er sei in den Verkauf von Eintrittskarten sowie Bustickets eingebunden gewesen und habe PKK-Aktivisten zur Teilnahme mobilisiert.
3. Zudem habe er sich eng mit den ihm jeweils übergeordneten PKK-Gebietsverantwortlichen für H.
- zunächst Y. alias „ “, sodann B. und schließlich ab Mitte Juli 2019 D. - abgestimmt und von ihnen Weisungen entgegengenommen. Er sei ihnen gegenüber berichtsund rechenschaftspflichtig gewesen, beispielsweise über den Umfang der eingesammelten Spendengelder der Jahreskampagnen und der Monatsbeiträge.
Überdies habe er an einem Kadertreffen der PKK des „Sektors
“ am
27. März 2016 in S. teilgenommen und zu diesem ein handschriftlich verfasstes Protokoll angefertigt.
II. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat zur Begründung seiner die Eröffnung des Hauptverfahrens ablehnenden Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Es sei zwar durch die im Ermittlungsverfahren gewonnenen Erkenntnisse eine besondere ideologische Nähe des Angeklagten zur PKK und eine Betätigung für deren Ziele belegt. Jedoch fehle es an einer für einen hinreichenden Tatverdacht erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit dafür, dass er sich als Kader, sonstiges „einfaches Mitglied“ oder Organ eines von der PKK gesteuerten Vereins in die PKK eingegliedert habe. So weise er keine typischen Eigenschaften eines hochrangigen Kaders auf, der seine gesamte Leistungsfähigkeit in den Dienst der PKK gestellt habe. Auch sei ein organisationsförderndes Verhalten für die terroristische Vereinigung nicht überwiegend wahrscheinlich. Es bestünden keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass er Geld für die Organisation beschafft und verwaltet oder sogar eine zentrale Rolle in deren Finanzverwaltung innegehabt habe. Die in der Anklageschrift dargelegten Veranstaltungen und Demonstrationen, die er organisiert und an denen er als Redner teilgenommen haben soll, könnten seine Einbindung in die PKK nicht begründen. Denn eine derartige Tätigkeit werde auch von Nichtmitgliedern entfaltet. Überdies werde seine Mitgliedschaft nicht durch seine Kontakte zu mutmaßlichen Mitgliedern der PKK bestätigt. Vielmehr habe sich sein Handeln im Wesentlichen in der Organisation des Vereinslebens erschöpft, ohne dabei weitere Überschneidungen mit den typischen Aufgaben eines PKK-Kaders aufzuweisen. Es komme zwar in Betracht, dass er sich der wiederholten Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland hinreichend verdächtigt gemacht habe. Eine Verfahrenseröffnung mit entsprechenden Änderungen gemäß § 207 Abs. 2 StPO scheide aber aus, da die Anklage die Tathandlungen nicht zweifelsfrei zum Ausdruck bringe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 28. März 2024 Bezug genommen.
B.
Die gemäß § 210 Abs. 2, § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 2 StPO statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft führt zur Eröffnung des Hauptverfahrens unter Zulassung der Anklage zur Hauptverhandlung vor einem anderen Strafsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart sowie zur Aufhebung der mit der Nichteröffnung einhergehenden Entschädigungs- und Kostenentscheidung. Die Voraussetzungen für die Eröffnung des Hauptverfahrens liegen vor.
I. Gemäß § 203 StPO beschließt das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens, wenn nach den Ergebnissen des vorbereitenden Verfahrens der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Ein hinreichender Tatverdacht ist zu bejahen, wenn bei vorläufiger Tatbewertung auf Grundlage des Ermittlungsergebnisses die Verurteilung in einer Hauptverhandlung mit vollgültigen Beweismitteln wahrscheinlich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 22. April 2003 - StB 3/03, BGHR StPO § 210 Abs. 2 Prüfungsmaßstab 2; vom 7. Oktober 2021
- StB 31 u. 32/21, juris Rn. 9; jeweils mwN; vom 10. August 2023 - StB 35/23, NStZ-RR 2023, 341, 342). Der hinreichende Tatverdacht setzt eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Verurteilung voraus; damit wird ein geringerer Grad der Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt, als dies beim dringenden Tatverdacht im Sinne des § 112 Abs. 1 Satz 1 oder § 126a StPO der Fall ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 7. Oktober 2021 - StB 31 u. 32/21, aaO; vom 10. August 2023 - StB 35/23, aaO). Erst recht ist zur Eröffnung des Hauptverfahrens nicht die für eine Verurteilung notwendige volle richterliche Überzeugung erforderlich. Der Bundesgerichtshof hat als Beschwerdegericht das Wahrscheinlichkeitsurteil des Oberlandesgerichts und dessen rechtliche Bewertung in vollem Umfang nachzuprüfen und die Voraussetzungen der Eröffnung selbständig zu würdigen (BGH, Beschlüsse vom 26. März 2009 - StB 20/08, BGHSt 53, 238 Rn. 24 ff.; vom 15. Oktober 2013 - StB 16/13, juris Rn. 16).
II. Die nach diesen Vorgaben vorzunehmende Bewertung ergibt, dass der Angeklagte der ihm vorgeworfenen Straftat hinreichend verdächtig ist. Denn das Ermittlungsergebnis rechtfertigt bei vorläufiger Tatbewertung die Annahme einer ausreichenden Wahrscheinlichkeit dafür, dass er sich wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an der ausländischen terroristischen Vereinigung PKK gemäß § 129a Abs. 1 Nr. 1, § 129b Abs. 1 StGB strafbar gemacht hat, indem er sich dieser anschloss und sich für sie betätigte, und deswegen verurteilt wird. Dies gilt sowohl unter Zugrundelegung des nach der früheren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs maßgeblichen Vereinigungsbegriffs als auch auf der Grundlage der Legaldefinition des seit dem 21. Juli 2017 geltenden § 129 Abs. 2 in Verbindung mit § 129a Abs. 1 StGB.
Nach beiden Varianten setzt die mitgliedschaftliche Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung zum einen eine gewisse einvernehmliche Eingliederung des Täters in die Organisation (die Mitgliedschaft) und zum anderen eine aktive Tätigkeit zur Förderung ihrer Ziele (die Beteiligungshandlungen) voraus. Hierzu gilt:
1. Die erforderliche Eingliederung in die Organisation kommt nach früherer wie nach aktueller Rechtslage nur in Betracht, wenn der Täter sie von innen und nicht lediglich von außen her fördert. Insoweit bedarf es zwar keiner förmlichen Beitrittserklärung oder Mitgliedschaft. Notwendig ist aber, dass der Täter eine Stellung innerhalb der Vereinigung einnimmt, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnet und von den Nichtmitgliedern unterscheidbar macht. Dafür reicht allein eine Tätigkeit für die Vereinigung, mag sie auch besonders intensiv sein, nicht aus; denn ein Außenstehender wird nicht allein durch eine Förderung der Vereinigung zu deren Mitglied. Die Mitgliedschaft setzt ihrer Natur nach eine Beziehung voraus, die einer Vereinigung nicht aufgedrängt werden kann, sondern ihre Zustimmung erfordert. Ein auf lediglich einseitigem Willensentschluss beruhendes Unterordnen und Tätigwerden genügt nicht, selbst wenn der Betreffende bestrebt ist, die Vereinigung und ihre kriminellen Ziele zu fördern (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom 10. April 2024 - StB 20/24; vom 23. Januar 2024 - AK 108/23, NStZ-RR 2024, 111, 112; vom 18. Oktober 2022 - AK 33/22, juris Rn. 33; vom 21. April 2022 - AK 18/22, juris Rn. 5).
Die mitgliedschaftliche Beteiligung erfordert auf der Grundlage der seit dem 22. Juli 2017 geltenden Legaldefinition der Vereinigung (§ 129 Abs. 2 StGB) nicht, dass sich der Täter in ihr Verbandsleben integriert (s. BGH, Beschlüsse vom 22. März 2018 - StB 32/17, NStZ-RR 2018, 206, 207 mwN; vom 24. Februar 2021 - AK 9/21, juris Rn. 18; Urteil vom 2. Juni 2021 - 3 StR 21/21, BGHSt 66, 137 Rn. 20). Für die Eingliederung in die Organisation ist somit nicht mehr notwendig, dass seine Förderungshandlungen von einem einvernehmlichen Willen zur fortdauernden Teilnahme an diesem Verbandsleben getragen sind. Bestehen jedoch bei der zu beurteilenden Vereinigung eine ausgeprägte Organisation und ein verbindlicher Gruppenwille, ist auch nach der aktuellen Gesetzeslage dieses von der bisherigen Rechtsprechung verlangte Kriterium von Bedeutung (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 22. Oktober 1979 - StB 52/79, BGHSt 29, 114, 120 ff.; Urteil vom 14. August 2009 - 3 StR 552/08, BGHSt 54, 69 Rn. 128); die Eingliederung in die auf diese Weise strukturierte Personenmehrheit geht typischerweise mit dem einvernehmlichen Willen zur Teilnahme am Verbandsleben einher (s. MüKoStGB/Schäfer/Anstötz, 4. Aufl., § 129 Rn. 82). Im Übrigen genügt nach neuem Recht insoweit jedenfalls ein entsprechender Wille zur auf Dauer oder zumindest längere Zeit angelegten Mitwirkung an den Aktivitäten oder an der Verfolgung der Ziele der Vereinigung (BGH, Beschlüsse vom 21. April 2022 - AK 14/22, BGHR StGB § 129a Abs. 1 Mitgliedschaft 6 Rn. 29).
2. Eine Beteiligungshandlung des Mitglieds kann darin bestehen, unmittelbar zur Durchsetzung der Ziele der Vereinigung beizutragen; sie kann auch darauf gerichtet sein, lediglich die Grundlagen für die Aktivitäten der Vereinigung zu schaffen oder zu erhalten. Ausreichend ist deshalb die Förderung von Aufbau, Zusammenhalt oder Tätigkeit der Organisation. In Betracht kommt etwa ein organisationsförderndes oder ansonsten vereinigungstypisches Verhalten von entsprechendem Gewicht. In Abgrenzung hierzu fehlt es in Fällen einer bloß formalen oder passiven, für das Wirken der Vereinigung bedeutungslosen Mitgliedschaft grundsätzlich an einem aktiven mitgliedschaftlichen Beteiligungsakt (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. Januar 2024 - AK 108/23, NStZ-RR 2024, 111, 112; vom 15. Mai 2019 - AK 22/19, BGHR StGB § 129a Abs. 1 Mitgliedschaft 5 Rn. 24 mwN).
III. Gemessen daran ist der Angeklagte hinreichend verdächtig, nicht bloß die ausländische terroristische Vereinigung PKK von außen unterstützt, sondern sich von innen heraus an ihr als Mitglied beteiligt zu haben.
1. Insoweit ist aufgrund der im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift vom 23. Mai 2023 aufgeführten Beweismittel im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
Der Angeklagte gliederte sich jedenfalls seit Mitte 2015 in die Organisation der PKK ein und betätigte sich zumindest bis zum 27. Mai 2021 mitgliedschaftlich an ihr. Im Einzelnen:
a) Der Angeklagte war im genannten Tatzeitraum maßgeblich in das Finanzwesen des „Kurdische Gemeinschaft H.
e.V.“ eingebunden. Er trieb Mitgliedsbeiträge bei und sammelte Spendengelder kurdischer Landsleute ein.
Darüber hinaus verwaltete er die Einnahmen und bezahlte auf Anordnung des jeweiligen Gebietsleiters Rechnungen im Zusammenhang mit der Vereinsarbeit und Kosten, die unmittelbar die PKK betrafen, wie beispielsweise die Alimentierung hauptamtlicher PKK-Führungskader. Die Einnahmen flossen unmittelbar dem Finanzsystem der PKK zu.
b) Auch war der Angeklagte im Zeitraum von Juni 2015 bis Mai 2021 an der Planung und Durchführung von zahlreichen Veranstaltungen, Kundgebungen und Demonstrationen der PKK beteiligt. Er mobilisierte PKK-Aktivisten zur Teilnahme und war für die Herstellung und den Verkauf von Eintritts- sowie Bustickets zuständig.
c) Darüber hinaus hielt der Angeklagte zu den ihm jeweils übergeordneten PKK-Kadern Y. ,
B. und D. für das PKK-Gebiet H. engen sowie vertrauensvollen Kontakt. Er stimmte sich mit ihnen ab und nahm von ihnen Weisungen entgegen. Er erstattete ihnen gegenüber Rechenschaft, beispielsweise über den Umfang eingesammelter Spendengelder der Jahreskampagnen und der Monatsbeiträge.
24 Ferner nahm er an einem Kadertreffen der PKK des „Sektors
“ am
27. März 2016 in S.
teil und fertigte unter anderem über den Inhalt von Redebeiträgen und Gesprächen ein handschriftlich verfasstes Protokoll an.
2. Diese Sachverhalte betreffend besteht aufgrund der im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel ein hinreichender Tatverdacht. Hierzu im Einzelnen:
a) Der hinreichende Tatverdacht der übergeordneten Rolle des Angeklagten als Finanzverantwortlicher für das PKK-Gebiet H.
beruht insbesondere auf Erkenntnissen aus Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen, die in den Ermittlungsverfahren gegen die gesondert Verfolgten und ehemaligen Kader des Gebiets H.
B. und Y. gewonnen worden sind. Diese werden indiziell bestätigt durch den Inhalt gesicherter Chatnachrichten mit dem damaligen Vorsitzenden des „Kurdische Gemeinschaft H. e.V.“ und die im Rahmen der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten aufgefundenen Bankunterlagen in Form von Daueraufträgen zu Gunsten des Vereinskontos. Korrespondierend hiermit sind auf dem sichergestellten Mobiltelefon des Angeklagten Lichtbilder von EC-Karten von Vereinsmitgliedern gesichert worden.
Der hinreichende Tatverdacht, der Angeklagte habe Finanzmittel in Form von Spenden und Mitgliedsbeiträgen für die PKK beschafft, beruht auf der Auswertung der anlässlich der Durchsuchung seiner Wohnung aufgefundenen Asservate. So sind auf seinem Mobiltelefon zwei Spendenquittungen mit den Überschriften in kurdischer Sprache „Alles für die Freiheit, Gleichheit und Frieden“, „Monatseinnahmen“ und „Spenden“ gesichert worden. In einem ebenfalls sichergestellten Notizbuch waren Listen mit Namen und Zahlen aufgeführt, die teils mit Einträgen „im Jahr/jährlich“ und „+PKK“ ergänzt waren. Im Fahrzeug des Angeklagten befanden sich Flyer mit dem kurdischen Aufdruck „Mit dem Widerstand in Kurdistan die Besatzung beenden!“. Gestützt werden diese Erkenntnisse weiter durch überwachte Telefongespräche zwischen dem Angeklagten und den damaligen PKK-Gebietsleitern B. sowie Y. . In diesen thematisierten die Gesprächsteilnehmer im Zeitraum zwischen Juni 2015 und Juli 2017 mehrfach das Sammeln von Spenden. Der hinreichende Tatverdacht beruht im Weiteren auf dem Ergebnis von Finanzermittlungen. Aus diesen ergibt sich mit hinreichender Wahrscheinlichkeit, dass über die Konten des Angeklagten und seiner Ehefrau zunächst hohe Bareinzahlungen und anschließend zeitnah Auszahlungen oder Überweisungen in etwa gleicher Höhe vorgenommen wurden.
Ferner wird der Umstand, dass die über den kurdischen Kulturverein in H.
eingenommenen Spenden und Mitgliedsbeiträge der PKK zu Gute kamen, durch die Angaben des gesondert Verfolgten B. in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung bestätigt. Die insoweit gewonnenen Erkenntnisse stimmen wiederum mit den Bekundungen einer vom Landeskriminalamt Baden-Württemberg geführten Vertrauensperson überein. Danach gehörte der Angeklagte der örtlichen Spendenkommission des PKK-Gebiets H.
an und wirkte aktiv am Einsammeln von Spendengeldern für die PKK mit.
Soweit das Oberlandesgericht in diesem Zusammenhang erwogen hat, dass die auf den Konten des Angeklagten und seiner Ehefrau ein- und ausgezahlten Gelder aus Schwarzarbeit des Angeklagten stammen, fehlt es nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen hierfür an tragfähigen Anhaltspunkten. Hinzu kommt, dass ein wesentlicher Teil der Gelder im Umfang von über 100.000 € nicht auf Konten des Angeklagten, sondern auf das Sparbuch der Ehefrau des Angeklagten eingezahlt und kurze Zeit später wieder in nahezu gleicher Höhe abgehoben wurden. Ferner deuten die Ergebnisse der Finanzermittlungen darauf hin, dass die Transaktionen insgesamt nicht mit den bekannten Einkommensverhältnissen der Eheleute zu vereinbaren waren. Die Überweisungen von Geldern per Western Union in die Türkei, die möglicherweise nicht den Anweisungen der PKK entsprachen, wurden vom Angeklagten hingegen in deutlich geringerem Umfang getätigt. Vieles spricht daher dafür, dass es sich bei den Geldbeträgen auf den Konten des Angeklagten und seiner Ehefrau um die der PKK zur Verfügung gestellten Spenden sowie Mitgliedsbeiträge kurdischer Landsleute handelte.
b) Des Weiteren ist aufgrund der im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts davon auszugehen, dass sich der Angeklagte an der Planung und Organisation von Propagandaveranstaltungen, Kundgebungen sowie Demonstrationen der PKK beteiligte und an diesen teilnahm. Hierfür sprechen der Inhalt zahlreicher Telefongespräche mit dem damaligen PKK-Gebietsleiter B. , dessen Angaben in der gegen ihn geführten Hauptverhandlung, gesicherte Chatnachrichten zwischen dem Angeklagten und dem früheren Kader D. , der Inhalt polizeilicher Erkenntnismitteilungen über die betreffenden Veranstaltungen der PKK sowie die auf seinem Mobiltelefon sichergestellten Bild- und Videodateien.
c) Darüber hinaus ist aufgrund der im wesentlichen Ergebnis der Anklageschrift aufgeführten Beweismittel im Sinne eines hinreichenden Tatverdachts anzunehmen, dass der Angeklagte eng mit den Gebietsverantwortlichen des PKK- Gebiets H.
zusammenarbeitete, von ihnen Weisungen entgegennahm,
ihnen gegenüber berichts- und rechenschaftspflichtig war sowie an einem Kadertreffen Ende März 2016 teilnahm. Dies beruht auf dem Inhalt des sichergestellten und wahrscheinlich vom Angeklagten verfassten Protokolls der vorgenannten Veranstaltung der PKK, dem Inhalt überwachter Telefongespräche mit den damaligen Gebietsleitern Y. ,
B. und D. , gesicherten Chatnachrichten mit letzterem und auf dem Computer des Angeklagten aufgefundener Fotos von hochrangigen PKK-Funktionären. Die Würdigung des Oberlandesgerichts, der gesondert verfolgte B. habe das Zusammentreffen mit hochrangigen Kadern der PKK „relativiert“, steht den - jedenfalls bei der derzeit gebotenen vorläufigen Wertung des Beweisergebnisses - nicht entgegen.
Wegen der Einzelheiten der den hinreichenden Tatverdacht gegen den Angeklagten begründenden Beweismittel und Indizien wird auf die ausführlichen Darlegungen in der Anklageschrift der Generalstaatsanwaltschaft, insbesondere im wesentlichen Ergebnis der Ermittlungen, und in deren Zuschrift vom 12. April 2024 Bezug genommen. Eine abschließende Bewertung muss der Hauptverhandlung vorbehalten bleiben. Eine ins Einzelne gehende Würdigung der Beweise ist im jetzigen Stadium des Verfahrens weder rechtlich geboten noch tatsächlich möglich (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom 22. Februar 2018 - AK 4/18 und StB 29/17, juris Rn. 28; vom 26. Juni 2019 - StB 10/19, NStZ-RR 2019, 282).
3. Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse sind die Tätigkeiten des Angeklagten bei vorläufiger rechtlicher Bewertung Handlungen, durch die er die terroristische Vereinigung PKK nicht lediglich unterstützte, sondern sich von innen an ihr mitgliedschaftlich beteiligte.
a) Nach dem derzeitigen Erkenntnisstand stellt die PKK aufgrund ihrer Verbandsstruktur eine Vereinigung dar, bei der sich der Einzelne entsprechend den intern bestehenden Regeln dem Gruppenwillen unterordnet. Sie ist angesichts des von ihr in Anspruch genommenen - indes nicht gegebenen - „Selbstverteidigungsrechts“ (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2020 - AK 17/20, juris Rn. 22) und der durch ihre Unterorganisation HPG verübten Anschläge darauf ausgerichtet, Mord (§ 211 StGB) oder Totschlag (§ 212 StGB) zu begehen. Für die Anschläge besteht kein Rechtfertigungsgrund nach Völkervertrags- oder Völkergewohnheitsrecht (BGH, Beschlüsse vom 6. Mai 2014 - 3 StR 265/13, BGHR StGB § 129b Rechtswidrigkeit 1 Rn. 12 ff.; vom 8. Februar 2018 - AK 3/18, NStZRR 2018, 106; vom 14. Juli 2021 - StB 28/21, juris Rn. 7).
b) Der Angeklagte gliederte sich in die Vereinigung ein. Ferner beteiligte er sich an ihr, indem er innerhalb des als Tarnverein für die PKK genutzten „Kurdische Gemeinschaft H. e.V.“ tätig war, die Spendengelder sowie Mitgliedsbeiträge für die PKK verwaltete und an diese weiterleitete, PKK-Propagandaveranstaltungen organisierte und an ihnen teilnahm sowie eng mit PKK-Gebietsleitern zusammenarbeitete. Seine Teilnahme am Kadertreffen des „Sektors “ der PKK im März 2016 und die Fertigung des Protokolls durch ihn über den Inhalt der dortigen Redebeiträge und Gespräche belegt, dass er die Organisation von innen förderte. Dies wird weiterhin gestützt durch seine enge Zusammenarbeit mit den jeweiligen Gebietsleitern. Hierdurch nahm er über mehrere Jahre einvernehmlich eine Stellung und zentrale Funktion innerhalb der örtlichen Struktur der Vereinigung ein, die ihn als zum Kreis der Mitglieder gehörend kennzeichnete. Für eine Mitgliedschaft in der PKK und deren Förderung von innen ist es hingegen weder erforderlich, dass der Betroffene die Aufgaben eines Regions-, Gebiets- oder Raumverantwortlichen ausübt, noch ist Voraussetzung, dass er hauptamtlich seine gesamte Leistungsfähigkeit in den Dienst der PKK stellt.
c) Soweit das Oberlandesgericht in rechtlicher Hinsicht angenommen hat, die Teilnahme des Angeklagten an Veranstaltungen und Demonstrationen der PKK besage nichts über dessen Einbindung in die Organisation, da solche im Rahmen der Meinungs- und Versammlungsfreiheit für sich gesehen legale Tätigkeiten auch von bloßen Vereinsmitgliedern, deutschen und türkischen Politikern sowie Künstlern entfaltet würden, ist darauf hinzuweisen, dass die Beteiligungsakte, die der Täter zur Förderung der Zwecke oder Tätigkeit der Organisation entfaltet, für sich genommen nicht strafbar sein müssen, um unter § 129a Abs. 1, § 129b StGB subsumiert zu werden. Vielmehr genügen auch solche Handlungen, die an sich betrachtet nicht pönalisiert sind. Voraussetzung ist lediglich, dass sie Ausfluss der Mitgliedschaft des Täters in der Vereinigung sind und in deren Interesse vorgenommen werden. Durch diese Verknüpfung erhalten auch isoliert gesehen legale Aktivitäten ihr Unwerturteil, wenn sie für die Organisation entfaltet werden (BGH, Beschlüsse vom 9. Juli 2015 - 3 StR 537/14, BGHSt 60, 308 Rn. 27 ff.; vom 14. Juli 2016 - StB 23/16, BGHR StGB § 129a Abs. 1 Beteiligung als Mitglied 1 Rn. 9 f.).
d) Die mutmaßliche Tathandlung des Angeklagten unterfällt nach dem Territorialitätsprinzip der deutschen Strafgewalt; denn er wurde in Deutschland tätig (§ 3 StGB). Deshalb sind auch die strafbarkeitsbegründenden Voraussetzungen des § 129b Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 und 2 StGB erfüllt.
e) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 3 StGB erforderliche Verfolgungsermächtigung hat das Bundesministerium der Justiz für den Angeklagten am 26. Juli 2019 erteilt (Az.: III B 1 - 4030 E (2043) - 21 832/2019).
IV. Die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Durchführung des Hauptverfahrens folgt aus § 120 Abs. 1 Nr. 6 GVG.
Um die Unvoreingenommenheit des Tatgerichts zu wahren, ist es unter den gegebenen Umständen sachdienlich, von der Möglichkeit des § 210 Abs. 3 Satz 2 StPO Gebrauch zu machen und zu bestimmen, dass die Hauptverhandlung vor einem anderen Senat des Oberlandesgerichts stattzufinden hat. Diesem obliegt die nach § 122 Abs. 2 Satz 2 GVG zu treffende Entscheidung über seine Besetzung in der Hauptverhandlung.
V. Mit der Eröffnung des Hauptverfahrens entfallen die vom Oberlandesgericht in dem angefochtenen Beschluss getroffene Kosten- und Auslagenentscheidung (vgl. § 464 Abs. 1 StPO) sowie der Ausspruch über die Entschädigung des Angeklagten für die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnungen (vgl. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 StrEG).
C.
Die Beschwerde der Generalstaatsanwaltschaft, mit der sie die vom Oberlandesgericht getroffene Nebenentscheidung über die Aufhebung des Arrestbeschlusses angreift, ist zulässig, aber unbegründet.
I. Die Beschwerde ist nach § 304 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 Nr. 1 StPO statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 306 Abs. 1 StPO). Unter dem Begriff der Beschlagnahme im Sinne der Vorschrift ist ebenfalls der Vermögensarrest nach § 111e StPO zu verstehen. Der Arrest steht dieser in der Wirkung für den Betroffenen insofern gleich, als Vermögenswerte für den Staat in Beschlag genommen werden (BGH, Beschlüsse vom 19. Januar 2021 - StB 46/20, BGHR StPO § 304 Abs. 4 Beschlagnahme 1 Rn. 3 mwN).
II. Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Anordnung des Vermögensarrestes nach § 111e Abs. 1 Satz 1, § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2, § 73c Satz 1, § 73e Abs. 2 StPO scheidet aus Rechtsgründen aus. Auch eine Einziehung des Wertes der Gelder als Tatmittel gemäß § 129b Abs. 2, §§ 74a, 74b, 74c StGB kommt nicht in Betracht.
1. Das Amtsgericht Stuttgart ist zunächst zu Recht davon ausgegangen, dass für die Frage der Einziehung nach §§ 73 ff. StGB und die vorläufige Sicherung nach §§ 111b ff. StPO gemäß § 14 EGStPO prozessual und gemäß Art. 316h Satz 1 EGStGB materiell-rechtlich die ab dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschriften anzuwenden sind, weil der Beschluss des Amtsgerichts Stuttgart über die Anordnung des Vermögensarrestes vom 6. April 2018 und damit nach Inkrafttreten der Übergangsvorschrift am 1. Juli 2017 datiert.
2. Hinsichtlich der vom Angeklagten auf das Sparkonto seiner Ehefrau eingezahlten und von seinem Girokonto umgebuchten sowie später von ihm wieder abgehobenen - wahrscheinlichen - Spenden- und Mitgliedsbeiträge für die PKK in Höhe von 15.100 € liegen jedoch keine Gründe für die Annahme gemäß § 111e Abs. 1 Satz 1 StPO vor, dass gegen die Ehefrau als Einziehungsbeteiligte die Einziehung von Wertersatz gemäß § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2, § 73c Satz 1 StGB im Wege der Dritteinziehung angeordnet werden wird.
a) Nach § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a StGB richtet sich die Anordnung der Einziehung nach §§ 73 und 73a StGB gegen einen anderen, der nicht Täter oder Teilnehmer ist, wenn ihm das Erlangte unentgeltlich oder ohne rechtlichen Grund übertragen wurde, sofern zuvor kein gutgläubiger Zwischenerwerb eines Dritten im Sinne der Ausschlussklausel des § 73b Abs. 1 Satz 2 StGB stattgefunden hat. Erlangt der andere unter den Voraussetzungen des § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a StGB einen Gegenstand, der dem Wert des Erlangten entspricht, ist auch dieser Gegenstand gemäß § 73b Abs. 2 StGB einzuziehen.
Ein Vermögensgegenstand oder sonstiger wirtschaftlicher Vorteil im Sinne des § 73 Abs. 1 Alternative 1 StGB ist „durch“ eine rechtswidrige Tat als Tatertrag erlangt, wenn er dem Täter unmittelbar aus der Verwirklichung des Tatbestandes in irgendeiner Phase des Tatablaufs derart zugeflossen ist, dass er der faktischen Verfügungsgewalt des Täters unterliegt (st. Rspr.; etwa BGH, Beschlüsse vom 15. Dezember 2020 - 2 StR 476/19, BGHR StGB § 73 Abs. 1 Erlangtes 2 Rn. 13; vom 21. Dezember 2021 - 3 StR 381/21, NStZ-RR 2022, 109).
Nicht erlangt gemäß § 73 Abs. 1 StGB sind hingegen als Mittel für die Tatdurchführung im Sinne des § 74 StGB erhaltene Gegenstände (BGH, Beschlüsse vom 24. Februar 2021 - 1 StR 127/20, NStZ 2021, 668 Rn. 15; vom 28. April 2011 - 4 StR 2/11, wistra 2011, 298; vom 19. Oktober 2010 - 4 StR 277/10, BGHR StGB § 73a Anwendungsbereich 4 Rn. 3 ff.).
b) Die vom Angeklagten im Rahmen des einheitlichen Organisationsdelikts nach §§ 129a, 129b StGB vereinnahmten und weitergeleiteten Gelder stellen Tatmittel gemäß § 74 Abs. 1 Alternative 2 StGB dar, nicht Taterträge nach § 73 Abs. 1 StGB. Nimmt ein Mitglied einer terroristischen Vereinigung verkörperte Vermögenswerte entgegen, um damit weitere unselbständige mitgliedschaftliche Beteiligungsakte innerhalb der abgeurteilten tatbestandlichen Handlungseinheit zu verwirklichen, sind sie zur Tatbegehung bestimmt und damit Tatmittel. Da solche Gegenstände in Bezug auf denselben Straftatbestand nicht zugleich durch die Tat erlangt sind, scheidet eine Einziehung als Taterträge aus (BGH, Urteil vom 15. Juni 2022 - 3 StR 295/21, BGHSt 67, 87 Rn. 9; Beschluss vom 21. Februar 2023 - 3 StR 278/22, NStZ-RR 2023, 179, 180). Somit kommt die Einziehung von Wertersatz gemäß § 73b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 2, § 73c Satz 1 StGB gegen die Ehefrau des Angeklagten im Wege der Dritteinziehung nicht in Betracht.
3. Eine Einziehung des Wertes der Gelder als Tatmittel bei der Ehefrau des Angeklagten gemäß § 129b Abs. 2, §§ 74a, 74b, 74c StGB ist ebenfalls nicht möglich. Denn zum einen gilt die Einziehung des Wertes von Tatmitteln nach § 74c StGB nicht für Dritte (vgl. Fischer, StGB, 71. Aufl., § 74c Rn. 3; MüKoStGB/Joecks/Meißner, 4. Aufl., § 74c Rn. 5; LK/Lohse, StGB, 13. Aufl., § 74c Rn. 5; Lackner/Kühl/Heger, StGB, 30. Aufl., § 74c Rn. 1). Zum anderen vereitelte der Angeklagte die Einziehung des Tatmittels gemäß § 74c Abs. 1 StGB nicht. Denn Voraussetzung für eine Anordnung nach dieser Vorschrift ist,
dass durch eine Straftat eine Einziehungslage entstanden ist und der Täter oder Teilnehmer zeitlich nachfolgend, also nach der Tatbegehung und der hieraus resultierenden Entstehung der staatlichen Einziehungsbefugnis, die Einziehung des betreffenden Tatmittels unmöglich gemacht hat, indem er dieses veräußert oder verbraucht oder dessen Einziehung auf andere Weise vereitelt hat (BGH, Urteile vom 15. Juni 2022 - 3 StR 295/21, BGHSt 67, 87 Rn. 21; vom 29. Juli 2021 - 3 StR 156/20, BGHR StGB § 74c Abs. 1 Vereitelung 3 Rn. 30). Hier fehlt es an einer der Tatbegehung nachfolgenden Vereitelungshandlung des Angeklagten, da die Ein- und Abhebungen vom Sparbuch seiner Ehefrau der späteren Weiterleitung an die PKK zeitlich vorausgingen.
4. Die Anordnung des Arrestes in das Vermögen der Ehefrau des Angeklagten im Wege der Dritteinziehung hat daher zu entfallen. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine Einziehung möglicherweise gegen die Ehefrau des Angeklagten als Beschuldigte angeordnet werden kann, da dies nicht Gegenstand der angefochtenen Entscheidung ist.
Schäfer RiBGH Prof. Dr. Paul befindet sich im Urlaub und ist deshalb gehindert zu unterschreiben.
Schäfer Anstötz Kreicker Voigt