Paragraphen in KVZ 3/19
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KVZ 3/19 BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS vom 24. März 2020 in dem Kartellverwaltungsverfahren ECLI:DE:BGH:2020:240320BKVZ3.19.0 Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat am 24. März 2020 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Prof. Dr. Kirchhoff und Dr. Tolkmitt sowie die Richterinnen Dr. Picker und Dr. Linder beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 1. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. Dezember 2018 wird zugelassen.
Gründe: 1 I. Die Betroffene zu 1 (nachfolgend: Betroffene) beabsichtigte, über eine Tochtergesellschaft jeweils 51% der Anteile an den Unternehmen F A GmbH und F E GmbH zu erwerben. Das Bundeskartellamt untersagte das Zusammenschlussvorhaben, weil es durch vertikale Integration eines Rock-Pop-Tourneeveranstalters zur Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung der Betroffenen auf dem mehrseitigen Markt für Ticketsystemdienstleistungen und damit zu einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB führen würde. 2 Die dagegen gerichtete Beschwerde der Betroffenen hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. 3 Nach endgültiger Aufgabe der Kaufabsicht will die Betroffene mit der Rechtsbeschwerde die Feststellung der Unbegründetheit der Verfügung des Bundeskartellamts erreichen.
II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 76 Abs. 1 GWB statthaft und auch sonst zulässig. Die Betroffene kann nach Erledigung ihres Anfechtungsantrags infolge der Aufhebung des Kaufvertrags ihr Begehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GWB umstellen.
Das erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse der Betroffenen liegt vor. Sie macht geltend, es kämen in Zukunft weitere Zusammenschlussvorhaben in Betracht, die in vergleichbarer Weise kartellrechtlichen Hindernissen ausgesetzt wären, wie das in Rede stehende Zusammenschlussvorhaben. Nach der Rechtsprechung des Senats besteht bei Fusionsfällen eine das Fortsetzungsfeststellungsinteresse begründende Wiederholungsgefahr bereits im Fall der ab-strakten Präjudizialität hinsichtlich eines entsprechenden, wenn auch derzeit noch nicht absehbaren Zusammenschlussvorhabens (BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - KVR 30/06, WuW/E DE-R 2221, Rn. 20 Springer/ProSieben I).
III. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist auch begründet. Die Rechtsbeschwerde ist wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, ob die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB erheblich sein muss, um eine Untersagung zu rechtfertigen, hat grundsätzliche Bedeutung. Zu dieser Frage gibt es bislang keine Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Sie ist in der Literatur umstritten.
a) In dem von der Beschwerdeerwiderung zitierten Beschluss vom 23. September 2014 (KVZ 82/13, juris - Xella) hat sich der Senat nur mit der Begründung einer marktbeherrschenden Stellung befasst.
b) Nach einer in der Literatur vertretenen Ansicht ist ein Zusammenschluss wegen Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung seit der Neufassung des § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB durch die 8. GWB-Novelle nur zu untersagen, wenn die Verstärkungswirkung erheblich ist (Monopolkommission, 20. Hauptgutachten 2012/2013, Rn. 566; Richter/Steinvorth in Wiedemann, Handbuch des Kartellrechts, 3. Auflage, § 20, Rn. 78; Bechtold/Bosch, GWB, 9. Auflage, § 36, Rn. 23; Schroeder in Festschrift für Wolf-Henning Roth, 2015, Seite 583, 599 bis 601; Esser/Höft, NZKart. 2013, 447, 453; Barke/Stransky, WRP 2014, 674, 675; im Grundsatz auch Körber, WuW 2014, 250, 255).
c) Nach anderer Ansicht, die auch vom Beschwerdegericht und dem Bundeskartellamt vertreten wird, ist die Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung stets erheblich im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 1 GWB (OLG Düsseldorf, WuW/E DE-R 4050, Rn. 141 - Liberty/Global/Kabel-BW; BKartA, Beschluss vom 18. Juli 2013, B 4 - 18/13, Rn. 170; Beschluss vom 25. April 2014, B 6 - 98/13, Rn. 107, 183, 223, 293; Kahlenberg in Loewenheim/Meessen/Riesenkampff/Kersting/Meyer-Lindemann, 3. Auflage, § 36 GWB, Rn. 5; Thomas in Kling/Thomas, Kartellrecht, 2. Auflage, § 22 Rn. 118.).
2. Die Frage ist auch entscheidungserheblich. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt, für die Untersagung eines Zusammenschlusses müsse die zu erwartende Verstärkung einer bereits bestehenden marktbeherrschenden Stellung weder erheblich noch spürbar sein. Eine Prüfung der Erheblichkeit der Verstärkungswirkung hat es ausdrücklich für entbehrlich erachtet. Das Verständnis des Verstärkungskriteriums durch das Beschwerdegericht war damit für seine Entscheidung tragend.
Meier-Beck Kirchhoff Linder Richter am Bundesgerichtshof Dr. Tolkmitt und Richterin am Bundesgerichtshof Dr. Picker sind wegen der zur Eindämmung der Übertragung des Corona-Virus derzeit gebotenen Einschränkungen ortsabwesend und können deshalb nicht unterschreiben.
Meier-Beck Rechtsmittelbelehrung: Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat, die mit der Zustellung des vorliegenden Beschlusses beginnt, schriftlich bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von zwei Monaten, die mit der Zustellung des vorliegenden Beschlusses beginnt, zu begründen. Diese Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss die Erklärung enthalten, inwieweit der Beschluss des Beschwerdegerichts angefochten und seine Abänderung oder Aufhebung beantragt wird.
Vorinstanz: OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.12.2018 - VI Kart 3/18 [V] -
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