I ZB 67/23
BUNDESGERICHTSHOF I ZB 67/23 BESCHLUSS vom 18. April 2024 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren ECLI:DE:BGH:2024:180424BIZB67.23.0 Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 18. April 2024 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Wille beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main - 4. Zivilsenat - vom 18. September 2023 wird auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Der Gegenstandswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 12.000 € festgesetzt.
Gründe: 1 I. Der Kläger beansprucht mit der Klage die Gewährung von Baukindergeld nach einem Förderprogramm der Beklagten in Höhe von jährlich 1.200 €, begrenzt auf zehn Jahre. 2 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 21. März 2023 zugestellte Urteil am 19. April 2023 Berufung eingelegt. 3 Das Berufungsgericht hat den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit am 31. Mai 2023 zugestelltem Schreiben vom 25. Mai 2023 darauf hingewiesen, dass bis zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist keine Berufungsbegründung eingegangen sei, und angekündigt, die Berufung wegen des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist als unzulässig zu verwerfen.
ECLI:DE:BGH:2024:180424BIZB67.23.0 Mit Schriftsatz vom 14. Juni 2023 hat der Kläger seine Berufung begründet und zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung beantragt. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags hat der Kläger vorgetragen:
Seinem Prozessbevollmächtigten sei die Akte trotz korrekter Notierung der Berufungsbegründungsfrist am 22. Mai 2023 und einer einwöchigen Vorfrist am 15. Mai 2023 entgegen der allgemeinen Büroanweisung nicht vorgelegt worden, dies sei erst nach Eingang der gerichtlichen Verfügung vom 25. Mai 2023 am 31. Mai 2023 geschehen. Hinsichtlich der Fristen- und Ausgangskontrolle bestehe im Büro seines Prozessbevollmächtigten die allgemeine Anweisung, dass die im Fristenkalender eingetragenen Fristen erst dann als erledigt markiert beziehungsweise gestrichen werden dürften, wenn die erforderliche fristwahrende Maßnahme tatsächlich ausgeführt worden sei. Dies sei - seit dem 1. Januar 2022 - der Fall, wenn der betreffende Schriftsatz gefertigt und über das besondere elektronische Anwaltspostfach, vom jeweiligen Unterzeichner des Schriftsatzes elektronisch signiert, versandt worden sei und die elektronische Eingangsbestätigung des Empfängers über den Zeitpunkt des Eingangs übermittelt und bei dem Prozessbevollmächtigten eingegangen sei. Außerdem bestehe die Büroanweisung, dass die Erledigung der fristgebundenen Vorgänge an jedem Arbeitstag um 17 Uhr anhand des Fristenkalenders zu kontrollieren sei. Hierzu müsse anhand des Fristenkalenders geprüft werden, welche fristwahrenden Schriftsätze gefertigt und ordnungsgemäß versendet worden seien, ob die elektronische Eingangsbestätigung des Empfängers vorliege und ob diese mit den im Fristenkalender notierten Angelegenheiten übereinstimmten.
Die zuständige, bereits seit sieben Jahren stets beanstandungsfrei und zuverlässig arbeitende Rechtsanwaltsfachangestellte habe versehentlich die Rechtsmittelbegründungsfrist und die Vorfrist gestrichen, so dass die Akte im vorliegenden Fall weder mit Ablauf der Vorfrist noch zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist vorgelegt worden sei.
In der mit dem Wiedereinsetzungsantrag vorgelegten eidesstattlichen Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten hat diese erklärt, die für die Berufungsbegründung notierte Vorfrist gestrichen zu haben, weil sie unrichtigerweise der Meinung gewesen sei, die Handakte vorgelegt zu haben. Am Tag des Ablaufs der Rechtsmittelbegründungsfrist sei auch eine Rechtsmittelfrist in einer anderen Angelegenheit notiert gewesen, die sie auf eine Anweisung des Prozessbevollmächtigten des Klägers gestrichen habe, da insoweit kein Rechtsmittel habe eingelegt werden sollen. Sie habe dann versehentlich nicht nur diese Frist gelöscht, sondern auch die Berufungsbegründungsfrist im vorliegenden Verfahren.
Mit Beschluss vom 18. September 2023 hat das Berufungsgericht den Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Rechtsbeschwerde.
II. Das Berufungsgericht hat die von dem Kläger begehrte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit der Begründung abgelehnt, seinem Prozessbevollmächtigten falle ein für die Fristversäumnis kausales Organisationsverschulden zur Last, das dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen sei.
Eine fachlich einwandfreie Kanzleiorganisation erfordere die Sicherstellung, dass eine Frist im Fristenkalender erst dann gestrichen oder als erledigt gekennzeichnet werden dürfe, nachdem sich die zuständige Bürokraft anhand der Akte vergewissert habe, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei. Eine solche Kontrolle habe vorliegend weder vor der Löschung der Vorfrist noch vor der Löschung der Berufungsbegründungsfrist stattgefunden. Hätte sich die Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten des Klägers anhand der Handakte am Abend des 15. Mai 2023 zum Ablauf der Vorfrist vergewissert, dass die Akte dem Prozessbevollmächtigten des Klägers vorgelegt worden sei, wäre ihr das eigene Versehen aufgefallen. Gleichfalls hätte sie bei einer Fristenkontrolle anhand der Akte am 22. Mai 2023 um 17 Uhr bemerkt, dass jedenfalls kein Berufungsbegründungsschriftsatz versandt worden sei und keine sonstige Anweisung zum Fortgang des Verfahrens durch den Prozessbevollmächtigten veranlasst worden sei. Dass eine allgemeine Kanzleianweisung zur Gegenprüfung vor Fristlöschung anhand der Akte und nicht nur ausschließlich anhand des Fristenkalenders bestanden habe, sei im Wiedereinsetzungsantrag nicht dargetan worden. Da beide Fristen durch eine Fristenkontrolle auch anhand der Handakte nicht versäumt worden wären, beruhe die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf diesem Organisationsverschulden, das sich die Partei zurechnen lassen müsse.
III. Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist zwar nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, aber unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO, die auch bei einer Rechtsbeschwerde gegen einen die Wiedereinsetzung ablehnenden Beschluss gewahrt sein müssen, nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Durch die angegriffene Entscheidung wird entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde das Verfahrensgrundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt.
1. Hat eine Partei die Berufungsbegründungsfrist versäumt, ist ihr nach § 233 Satz 1 ZPO auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert war.
Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten wird der Partei zugerechnet (§ 85 Abs. 2 ZPO), das Verschulden sonstiger Dritter hingegen nicht. Fehler von Büropersonal hindern eine Wiedereinsetzung deshalb nicht, solange den Prozessbevollmächtigten kein eigenes Verschulden etwa in Form eines Organisations- oder Aufsichtsverschuldens trifft (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 2019 - I ZB 47/18, juris Rn. 9 mwN; Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZB 46/21, juris Rn. 7; Beschluss vom 23. Juni 2022 - I ZB 76/21, juris Rn. 16). Zur Ausräumung eines der Wiedereinsetzung entgegenstehenden Verschuldens muss die Partei die maßgebenden Tatsachen durch eine geschlossene und aus sich heraus verständliche Schilderung der tatsächlichen Abläufe, aus der sich ergibt, auf welchen konkreten Umständen die Fristversäumnis beruht und auf welche Weise und durch wessen Verschulden es zur Versäumung der Frist gekommen ist, darlegen und gemäß § 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO glaubhaft machen (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2022 - I ZB 35/22, juris Rn. 8, mwN). Die Partei hat einen Verfahrensablauf vorzutragen, der ein Verschulden an der Nichteinhaltung der Frist zweifelsfrei ausschließt; verbleibt die Möglichkeit, dass die Einhaltung der Frist durch ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten der Partei versäumt worden ist, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung unbegründet (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2020 - VIII ZA 15/20, MDR 2021, 319 [juris Rn. 14]; Beschluss vom 18. November 2021 - I ZR 125/21, WRP 2022, 599 [juris Rn. 9]; Beschluss vom 10. Februar 2022 - I ZB 46/21, juris Rn. 7; Beschluss vom 23. Juni 2022 - I ZB 76/21, juris Rn. 16; Beschluss vom 10. November 2022 - I ZB 16/22 und I ZB 17/22, juris Rn. 13).
2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist eine unverschuldete Versäumung der Berufungsbegründungsfrist nicht dargelegt hat. Dabei hat es entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hat ein Rechtsanwalt durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt wird und beim zuständigen Gericht innerhalb der laufenden Frist eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen. Zu diesem Zweck hat der Rechtsanwalt seine Ausgangskontrolle so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2020 - I ZB 41/19, juris Rn. 9 mwN). Zu den organisatorischen Vorkehrungen, die der Prozessbevollmächtigte treffen muss, um Fristversäumnisse möglichst zu vermeiden, gehört nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung die allgemeine Anordnung, bei Prozesshandlungen, deren Vornahme ihrer Art nach mehr als nur einen geringen Aufwand an Zeit und Mühe erfordert, wie dies regelmäßig bei Rechtsmittelbegründungen der Fall ist, außer dem Datum des Fristablaufs noch eine grundsätzlich etwa einwöchige Vorfrist zu notieren. Die Vorfrist dient dazu sicherzustellen, dass auch für den Fall von Unregelmäßigkeiten und Zwischenfällen noch eine ausreichende Überprüfungs- und Bearbeitungszeit bis zum Ablauf der zu wahrenden Frist verbleibt (BGH, Beschluss vom 17. Mai 2023 - XII ZB 533/22, FamRZ 2023, 1381 [juris Rn. 11]; Beschluss vom 24. Oktober 2023 - VI ZB 53/22, NJW-RR 2024, 266 [juris Rn. 9]).
Der Schutz gegen Fristversäumungen hat außerdem in zwei Stufen zu erfolgen. Dazu dürfen zum einen die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post mithin organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei sind die für die Kontrolle zuständigen Mitarbeiter anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert haben, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2020 - I ZB 41/19, juris Rn. 10 mwN). Zum anderen hat der Rechtsanwalt anzuordnen, dass die Erledigung von Sachen, bei denen eine Frist zu wahren ist, am Abend eines jeden Arbeitstags anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Diese nochmalige, selbständige und abschließende Kontrolle muss gewährleisten, dass geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob insoweit eine Übereinstimmung mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen besteht. Diese allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze durch einen Abgleich mit dem Fristenkalender dient zum einen der Überprüfung, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Mit ihr soll zum anderen auch festgestellt werden können, ob in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung möglicherweise noch aussteht. Der Fristenkalender ist daher so zu führen, dass auch eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist. Eine solche zusätzliche Kontrolle ist schon deshalb notwendig, weil selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (BGH, Beschluss vom 9. Januar 2020 - I ZB 41/19, juris Rn. 11 mwN).
b) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass nach diesen Grundsätzen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnenden Organisationsverschulden seines Prozessbevollmächtigten beruht.
aa) Nach dem Vortrag des Klägers sollen die im Fristenkalender seines Prozessbevollmächtigten eingetragenen Fristen zum einen erst dann gestrichen werden dürfen, wenn die erforderliche fristwahrende Maßnahme tatsächlich ausgeführt worden ist, das heißt, wenn der betreffende Schriftsatz gefertigt, signiert und über das besondere elektronische Anwaltspostfach versandt worden ist und außerdem die elektronische Eingangsbestätigung des Empfängers vorliegt. Zum anderen soll nach der vom Kläger vorgetragenen Büroanweisung seines Prozessbevollmächtigten die Erledigung der fristgebundenen Vorgänge an jedem Arbeitstag um 17 Uhr kontrolliert werden, wobei anhand des Fristenkalenders geprüft werden muss, welche fristwahrenden Schriftsätze gefertigt und ordnungsgemäß versendet worden sind, ob die elektronische Eingangsbestätigung des Empfängers vorliegt und ob diese mit den im Fristenkalender notierten Angelegenheiten übereinstimmt.
bb) Ob im Streitfall bei der abendlichen Ausgangskontrolle hinsichtlich der Streichung der Rechtsmittelbegründungsfrist und der Vorfrist solche Prüfungen anhand des Fristenkalenders durchgeführt worden sind, lassen der Wiedereinsetzungsantrag und die vorgelegte eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten des Prozessbevollmächtigten des Klägers offen. Der Kläger hat allein Vortrag dazu gehalten, wie es dazu gekommen ist, dass die bei seinem Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsfachangestellte die Berufungsbegründungsfrist und die hierzu notierte Vorfrist als erledigt markiert und gelöscht hat. Zur abendlichen Fristenkontrolle fehlt jeder Vortrag. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an.
cc) Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die vom Kläger vorgetragene Organisation der Ausgangskontrolle im Büro seines Prozessbevollmächtigten den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht genügt. Die Anordnung einer abendlichen Fristenkontrolle nur anhand des Fristenkalenders einschließlich einer Ausgangskontrolle von gefertigten Schriftsätzen ist unzureichend. Ihre Durchführung hätte entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde im Streitfall nicht mit Sicherheit dazu geführt, dass die Berufungsbegründungsfrist gewahrt worden wäre. Da die für den Prozessbevollmächtigten des Klägers tätige Rechtsanwaltsfachangestellte bei der Löschung der Berufungsbegründungsfrist irrtümlich davon ausging, dass kein Rechtsmittel eingelegt und dementsprechend auch kein Schriftsatz versendet werden sollte, wäre ihr Irrtum nur aufgefallen, wenn sie sich nicht nur anhand des Fristenkalenders, sondern zusätzlich anhand der Akten vergewissert hätte, ob zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen sei. Hätte in der Kanzlei des Klägervertreters eine entsprechende Anordnung zur Durchführung der Ausgangskontrolle anhand der Akten bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Rechtsanwaltsfachangestellten die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden. Für die Beurteilung, ob ein Organisationsfehler für die Versäumung der Frist ursächlich geworden ist, ist von einem ansonsten pflichtgemäßen Verhalten auszugehen und darf kein weiterer Fehler hinzugedacht werden (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 - VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 [juris Rn. 14] mwN).
IV. Danach ist die Rechtsbeschwerde des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
V. Im Streitfall ist eine Festsetzung des Gegenstandswerts des Rechtsbeschwerdeverfahrens erforderlich, weil eine streitwertabhängige Gebühr nach Nr. 1820 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz zu erheben ist.
1. Nach Nr. 1820 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ist für Verfahren über Rechtsbeschwerden gegen den Beschluss, durch den die Berufung als unzulässig verworfen wurde (§ 522 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO), eine - streitwertabhängige - Gebühr von 2,0 zu erheben. Gemäß Nr. 1826 der Anlage 1 zum Ge- richtskostengesetz fällt für Verfahren über nicht besonders aufgeführte Rechtsbeschwerden, die nicht nach anderen Vorschriften gebührenfrei sind, im Fall der Verwerfung oder der Zurückweisung der Rechtsbeschwerde eine Festgebühr von 132 € an.
2. Im Streitfall hat eine Gegenstandswertfestsetzung auf 12.000 € für die Erhebung der Gerichtsgebühr nach Nr. 1820 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz zu erfolgen. Sie kann nicht deshalb unterbleiben, weil nach Nr. 1826 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz eine Festgebühr zu erheben wäre.
a) Zwar richtet sich im Streitfall die Rechtsbeschwerde nicht gegen einen Beschluss, mit dem die Berufung als unzulässig verworfen worden ist, sondern gegen einen Beschluss, mit dem das Berufungsgericht dem Rechtsbeschwerdeführer die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungsbegründungsfrist versagt hat. Damit ist Nr. 1820 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz nicht unmittelbar anwendbar.
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Nr. 1820 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz auf den vorliegenden Sachverhalt der Versagung der Wiedereinsetzung bei einer Versäumung der Berufungsbegründungsfrist jedoch entsprechend anzuwenden (vgl. BGH, Beschluss vom 18. September 1997 - IX ZB 47/97 und IX ZB 48/08, nicht veröffentlicht; Beschlüsse vom 19. März 2013 - VIII ZB 80/11 und VIII ZB 84/11, jeweils in juris; Beschlüsse vom
10. November 2022 - I ZB 16/22 und I ZB 17/22, juris). Damit unterliegt das Wiedereinsetzungsverfahren nicht nur verfahrensrechtlich (vgl. § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO), sondern auch gebührenrechtlich den für die versäumte Prozesshandlung geltenden Vorschriften.
Koch Löffler Schwonke Feddersen Wille Vorinstanzen: LG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 20.03.2023 - 2-05 O 285/21 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 18.09.2023 - 4 U 85/23 -