Paragraphen in 14 W (pat) 30/13
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BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 30/13
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(Aktenzeichen)
BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die Patentanmeldung 101 23 771.5 …
hat der 14. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 25. September 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dr. Dipl.-Phys. Maksymiw, der Richter Schell und Dr. Dipl.-Chem. Jäger, sowie der Richterin Dr. Dipl.-Chem. Wagner beschlossen:
1. Der Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juni 2013 wird aufgehoben.
ECLI:DE:BPatG:2018:250918B14Wpat30.13.0
2. Das Patent 101 23 771 mit der Bezeichnung
„Verwendung von Elektrolyten zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut“
wird mit folgenden Unterlagen erteilt:
Patentansprüche 1 bis 3 aus dem Schriftsatz vom 31. August 2018 und die ursprünglich eingereichten Beschreibungsseiten 1 bis 28.
Gründe I.
Mit Beschluss vom 20. Juni 2013 hat die Prüfungsstelle für Klasse A61K des Deutschen Patent- und Markenamtes die Anmeldung 101 23 771.5 zurückgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass der im Laufe des Prüfungsverfahrens aufgenommene Disclaimer „wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin“ in Patentanspruch 1 nicht ursprünglich offenbart sei. Auch die Einführung der Fußnote „Merkmal „wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin“ nicht ursprünglich offenbart“ führe nicht zur Zulässigkeit des Disclaimers. Nach der Entscheidung „Winkelmesseinrichtung“ könne zwar ein nicht ursprünglich offenbartes Merkmal im Patentanspruch verbleiben, wenn seine Einfügung zu einer bloßen Einschränkung des angemeldeten Gegenstands führe und dessen Streichung oder Ersetzen durch ein von der ursprünglichen Offenbarung gedecktes Merkmal zu einer Erweiterung des Schutzbereiches führe. Diese BGH-Rechtsprechung beziehe sich jedoch ausschließlich auf Patente im Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren und könne nicht auf das Anmeldeverfahren übertragen werden.
Nachdem bei der Prüfung der Patentfähigkeit der nicht offenbarte Disclaimer jedenfalls insoweit unberücksichtigt bleiben müsse, als er nicht zur Stützung der Patentfähigkeit herangezogen werden dürfe, führe dies dazu, dass der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht neu gegenüber einer der Druckschriften D2 DE 198 57 491 A1, D3 DE 198 57 490 A1 bzw. D4 DE 198 57 489 A1 sei. Zumindest die Lehre des Dokuments D2 umfasse unzweifelhaft die Verwendung von Glycerin und Natriumchlorid in den beanspruchten Gewichtsprozent-Bereichen in Hautschutzcremes.
Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Anmelderin hat der Senat mit Beschluss vom 11. September 2015 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zu der Frage zugelassen, ob bzw. ggf. unter welchen Umständen die Aufnahme von nicht-ursprungsoffenbarten Merkmalen in den Patentanspruch im Erteilungsverfahren zulässig sein könne.
Auf die Rechtsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 25. Juli 2017 den Beschluss des Senats aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen. Der Senat habe zwar in seinem angefochtenen Beschluss zutreffend festgestellt, dass eine Anmeldung zurückzuweisen sei, wenn der Gegenstand des Anspruch, den der Anmelder zur Prüfung stelle, über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehe und dieser Mangel nach Aufforderung durch die Prüfungsstelle vom Anmelder nicht behoben werde. Die Aufnahme eines Merkmals, wonach die beanspruchte Zubereitung eine bestimmte Substanz nicht enthalten darf, stelle aber nicht ohne weiteres eine unzulässige Erweiterung dar.
Die Anmelderin beantragt nunmehr unter Einreichung geänderter Patentansprüche,
den Beschluss der Prüfungsstelle des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. Juni 2013 aufzuheben und das Patent auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 3 gemäß Schriftsatz vom 31. August 2018 zu erteilen.
Die geltenden Patentansprüche 1 bis 3 lauten wie folgt:
„1. Kosmetische, nichttherapeutische Verwendung von a) 5 – 30 Gew.-% NaCl b) 5 – 30 Gew.% Glycerin jeweils bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, c) wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin d) in Handschutzcrèmes, Reinigungsmilchen, Sonnenschutzlotionen, Nährcrèmes, Tages- oder Nachtcrèmes zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut.
2. Verwendung nach Anspruch 1 zur Behandlung und Prävention trockener Haut.
3. Verwendung nach Anspruch 1 oder 2, durch einen Anteil von 5 – 15 Gew.-% an Glycerin, bezogen auf das Gesamtgewicht der Zubereitungen, gekennzeichnet.“
Mit Zwischenverfügung vom 27. Juli 2015 hatte der Senat die Anmelderin darauf hingewiesen, dass auch die Druckschriften D1 DE 198 57 492 A1 D5 DE 43 04 066 C2 D6 US 6 197 317 B1 D7 EP 0 435 483 B1 D8 Fey, Horst; Otte, Ilse: „Wörterbuch der Kosmetik”, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft mbH, Stuttgart, 1985, 2. Aufl., Seite 165. D9 EP 1 074 245 A2 D10 EP 0 937 453 A2 im Hinblick auf die Patentfähigkeit eine Rolle spielen könnten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Erteilung eines Patents auf Grundlage der geltenden Unterlagen.
1. Bezüglich der Offenbarung der Patentansprüche 1 bis 3 bestehen keine Bedenken. Die Patentansprüche 1 bis 3 gehen inhaltlich auf die ursprünglich eingereichten Patentansprüche 2 bis 4 und den zweiten Absatz auf Seite 7 der ursprünglich eingereichten Beschreibung zurück.
Die Aufnahme des Disclaimers „wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin“ in den nun geltenden Patentanspruch 1 erweist sich als zulässig. In den Anmeldeunterlagen wird Phosphatidylcholin, wenn auch nicht unter dieser Bezeichnung, nur an zwei Stellen erwähnt. Zum einen wird Sojaöl, eine Lecithinquelle, als eines von zahlreichen Fettsäureglyceriden genannt, welche wiederum als eine von mehreren Gruppen von Substanzen aufgeführt sind, die als Ölphase für die Emulsion gewählt werden können (vgl. ursprünglich eingereichte Beschreibung S. 11, 2. Abs.). Zum anderen wird Lecithin als einer von mehreren Dutzend Emulgatoren genannt (vgl. ursprünglich eingereichte Beschreibung S. 12 letzt. Abs.).
Aus den Anmeldeunterlagen ergibt sich danach kein Anhaltspunkt dafür, dass Phosphatidylcholin notwendiger Bestandteil der Zubereitung ist oder dass seine Zugabe als vorteilhaft angesehen wird. Dies wird durch die Ausführungsbeispiele 1 bis 3 bestätigt, die jeweils 5 Gew.-% Glycerin und 7 Gew.-% Natriumchlorid, aber kein Phosphatidylcholin enthalten.
Die Aufnahme des Disclaimers in Patentanspruch 1 führt auch nicht dazu, dass ein Zusammensetzung beansprucht wird, die abweichend von den ursprünglichen Anmeldeunterlagen, auf eine Zusammensetzung gerichtet ist, die nur aus bestimmten Komponenten bestehen darf. Der Disclaimer bringt nur zum Ausdruck, dass aus den ursprünglich offenbarten Zusammensetzungen, solche ausgenommen werden, die Phosphatidylcholin enthalten. Er dient damit lediglich dazu, den beanspruchten Gegenstand vom Stand der Technik abzugrenzen, wie er in D1 bis D4 offenbart wird, in denen Hautschutzpräparate beschrieben sind, die neben Salzen und Feuchthaltemitteln als notwendigen Bestandteil auch gesättigtes oder ungesättigtes Phosphatidylcholin enthalten. Mit dieser Beschränkung geht auch nicht eine zusätzliche technische Wirkung einher bzw. erhält der Fachmann hierdurch keine neue technische Information. Folglich erweist sich der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht als unzulässig erweitert.
2. Die kosmetische, nicht therapeutische Verwendung gemäß Patentanspruch 1 erweist sich als neu.
In keiner der Druckschriften D1 bis D4 wird eine kosmetische, nicht therapeutische Verwendung von 5 – 30 Gew.-% NaCl und 5 – 30 Gew.-% Glycerin in phosphatidylcholinfreien Hautschutzcrèmes, Reinigungsmilchen, Sonnenschutzlotionen, Nährcrèmes, Tages- oder Nachtcrèmes zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut beschrieben. Die Zubereitungen gemäß D1 bis D4 unterscheiden sich von der streitpatentgemäßen Verwendung darin, dass sie zusätzlich zu der Kombination aus Natriumchlorid und Glycerin zwingend gesättigtes oder ungesättigtes Phosphatidylcholin enthalten (vgl. D1 Patentanspruch 1, S. 4, Z. 61 bis S. 5, Z. 3; vgl. D2, Patentanspruch 1, S. 4, Z 64 bis S. 5, Z. 7; vgl. D3 Patentanspruch 1, S. 5, Z. 14 bis 25, vgl. D4 Patentanspruch 1, S. 5, Z. 15 bis 20 und Z. 31 bis 35).
Die D5 und D6 offenbaren jeweils die Verwendung von Natriumchlorid in kosmetischen bzw. dermatologischen Zubereitungen (vgl. D5 Patentansprüche 1, 4 und 7; vgl. D6 Patentanspruch 1, Sp. 4, Z 59 bis 61, Sp. 5, Z 41 bis 52, Sp. 6, Z. 29 bis 30). Damit unterscheidet sich die patentgemäße Verwendung von den Lehren gemäß D5 bzw. D6 bereits darin, dass sie die Verwendung einer Kombination von Kochsalz und Glycerin betrifft, welche in diesen Druckschriften aber nicht gelehrt wird.
In der D7 wird eine stabile Wasser-in-Silikonöl-Emulsion für die topische Anwendung auf menschlichem Haut beschrieben, die u. a. auch 0,001 bis 10 Gew.-% Natriumchlorid und Glycerin enthalten kann (vgl. D7 Patentansprüche 1 und 7, S. 4, Z. 6 bis 12, S. 5, Z. 30 bis 36, S. 7, Z. 13 i. V. m. Z. 19 bis 20). Die D7 offenbart aber weder eine Verwendung der Emulsion zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut noch einen Massenanteil von 5 bis 30 Gew.-% für Glycerin in der kosmetischen Zubereitung.
Die Entgegenhaltungen D9 und D10 betreffen Zubereitungen, die neben Mineralsalz auch Glycerin enthalten. Als Mineralsalz wird Totes Meersalz angegeben, welches 4,0 bis 8,0 % Natriumchlorid enthält. D9 und D10 geben jeweils ein Beispiel an, bei dem 96 %-iges Glycerin in einer Menge 5 % entsprechend einer Menge von 4,8 Gew.-% in einer Basiszubereitung für ein Peeling enthalten ist, wobei dieser Basisformulierung im Verhältnis von 10 : 1 Totes Meersalz zugesetzt wird (vgl. D9 S. 3, [0033], S. 7/8 [0057], S. 8, [0058]; vgl. D10 S. 3 [0028], S. 6/7 [0052], S. 7 [0053]). Damit liegt sowohl der Gehalt an Glycerin mit 4,8 Gew.% als auch der Gehalt an Natriumchlorid unterhalb der im Patentanspruch 1 für diese Komponenten beanspruchten Mengen, sodass sich die Zubereitungen gemäß D9 und D10 bereits dadurch von den patengemäßen verwendeten Zubereitungen unterscheiden. Zudem wird die Zubereitung gemäß D9 zur Behandlung von Muskelkrämpfen und Wasseransammlungen sowie Schwellungen (vgl. D9, Patentanspruch 1), und die Zubereitung gemäß D10 zum Schutz der Haut vor Juckreiz (vgl. D10 Patentanspruch 1) und folglich nicht zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut eingesetzt.
Die Publikation D8 liegt weiter ab, da sie lediglich die Zusammensetzung von Meersalz beschreibt (vgl. D8 S. 165, Stichwort „Meersalz“).
3. Die Verwendung nach Patentanspruch 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.
In der Beschreibung der Anmeldung wird eingangs die Zusammensetzung der Epidermis für die Barrierefunktion der Haut erläutert. Produkte zur Hautpflege seien an sich bekannt, deren Wirkung beruhe bei Salben und Cremes im Wesentlichen auf einer Abdeckung der behandelten Hautbezirke und bei pflegenden Reinigungsprodukten auf einer effizienten Rückfettung mit Sebumlipid-ählichen Substanzen. Der Beitrag dieser Produkte zur Regeneration einer physiologisch intakten Hornschicht sei allerdings begrenzt. Soweit zur Unterstützung der natürlichen Hautregeneration den topischen Präparaten zunehmend Interzellular-Lipidmischungen, wie Ceramide oder Ceramidanaloga, zugesetzt würden, handele es sich zumeist um sehr teure Rohstoffe, deren Wirkung zudem meist geringer sei als erhofft.
Der Anmeldung liegt vor diesem Hintergrund das Problem zugrunde, hautpflegende Zubereitungen zur Verfügung zu stellen, welche die Barriereeigenschaften der Haut wirksamer erhalten oder wiederherstellen.
Mit der Lösung dieses Problems ist als Fachmann ein Diplomchemiker, Pharmazeut oder Diplombiologe betraut, der sich in das Fachgebiet der Kosmetik intensiv eingearbeitet hat (vgl. BGH GRUR 2003, 317 – Kosmetisches Sonnenschutzmittel I).
Zur Lösung dieses Problems wird in der von der Anmelderin zuletzt vorgelegten Fassung von Patentanspruch 1 die Verwendung einer Zubereitung mit Natriumchlorid und Glycerin vorgeschlagen, deren Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:
1. Kosmetische, nichttherapeutische Verwendung von a) 5 – 30 Gew.-% NaCl b) 5 – 30 Gew.-% Glycerin in Hautschutzcrèmes, Reinigungsmilchen, Sonnenschutzlotionen, Nährcrèmes, Tages- oder Nachtcrèmes zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut,
2. wobei sich die Gewichtsangaben auf das Gesamtgewicht der Zubereitung beziehen,
3. wobei diese Zubereitungen frei sind von Phosphatidylcholin.
Aus der Druckschrift D1 sind dem Fachmann wasserhaltige Hautschutzpräparate zur Prävention von Hautschäden bekannt (vgl. D1, Patentanspruch 1, S. 2, Z. 3 bis 6). Die Zubereitung enthält neben Phosphatidylcholin, das eine barrierestabilisierende Wirkung hat, die vor unspezifischen Barriereschäden schützt, auch noch die weiteren Inhaltsstoffe mittelkettige Triglyceride, Salze, Feuchthaltesubstanzen, dermatologische oder kosmetische Wirkstoffe und Wasser. Die Salze haben in der Zubereitung nach D1 die Funktion, den Mineralsalzgehalt der Haut zu stabilisieren oder zu verstärken, wodurch sowohl die Hautfeuchte reguliert als auch eine normale Zellprofileration und Zelldifferenzierung, sowie die damit zusammenhängende Synthese epidermaler, barriereaktiver Lipide, gewährleistet wird (vgl. D1, S. 3, Z. 60 bis 64). Bei den Salzen handelt es sich insbesondere um Natriumchlo- rid (Kochsalz), das in einer Menge von 0,01 bis 10,00 Gew.-% eingesetzt wird (vgl. D1, Patentanspruch 1, S. 4, Z. 61 bis 66, S. 7 bis 10, Beispiele 1 bis 4, 6, 7, 12, 16, 17 und 20). Die enthaltenen Feuchthaltesubstanzen binden Wasser und haben eine hohe Wirksamkeit hinsichtlich der Verhinderung von Hautrauhigkeit und –rissigkeit und insbesondere des Schutzes vor öligen Stoffen. Als bevorzugte Feuchthaltesubstanz wird in D1 Glycerin genannt, das in Mengen von 1,00 bis 20,00 Gew.-% vorliegt (vgl. D1, Patentanspruch 1, S. 3, Z. 65 bis 67, S. 4, Z. 67 bis S. 5, Z. 5). Demzufolge wird der Fachmann die barrierestabilierende Wirkung der kosmetischen Zubereitung der D1 auf die Zusammenwirkung der Inhaltsstoffe Phosphatidylcholin, Natriumchlorid und Glycerin zurückführen, sodass die Druckschrift dem Fachmann keinen Anhaltspunkt für eine Kombination liefert, die nur aus Natriumchlorid und Glycerin besteht.
Eine Anregung für eine Kombination von Natriumchlorid und Glycerin gemäß den Merkmalen 1a) und 1b) zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut kann auch eine Zusammenschau mit den weiteren Dokumenten des Standes der Technik nicht geben. Zwar werden in D9 und D10 therapeutische bzw. kosmetische Zubereitungen beschrieben, die neben einem Mineralsalzgemisch aus Magnesiumchlorid, Kaliumchlorid und Natriumchlorid auch Glycerin als weiteren Bestandteil enthalten, wenn die Zubereitungen auf die Haut aufgetragen werden. Das Salzgemisch wird bevorzugt in Form von Toten Meersalz eingesetzt (vgl. D9 Patentanspruch 1, S. 3, [0033]; vgl. D10 Patentanspruch 1, S. 3, [0028]). Eine sowohl in D9 wie D10 angegebene Peelingbasisformulierung enthält 5 % von Glycerin 96%. In diese Formulierung wird Totes Meersalz, welches 4 bis 8 % Natriumchlorid aufweist, im Verhältnis 10 Teile Salz zu 1 Teil Basisformulierung als Reibemittel eingearbeitet (vgl. D9 S. 7, Z. 41 bis S. 8, Z. 16; vgl. D10 S. 6, Z. 53 bis S. 7, Z. 21). Das Salz wirkt juckreizreduzierend und regenerierend (vgl. D9 S. 3, [0032]; vgl. D10 S. 3, [0027]). Diese Informationen veranlassen den Fachmann aber weder dazu, dem Glycerin eine hautwirksame Eigenschaft zu zuschreiben, noch dazu in Verbindung mit der Lehre der D1 eine Mischung aus 5 bis 30 Gew.-% Natriumchlorid und 5 bis 30 Gew.-% Glycerin in kosmetischen Zubereitungen zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut in Betracht zu ziehen.
Die D5 betrifft die Verwendung von hohen Elektrolytkonzentrationen in kosmetischen Reinigungsmitteln. Die tägliche Anwendung der Reinigungsmittel führt selbst bei empfindlichen Personen nicht zu Austrocknung, Schuppenbildung, Juckreiz oder Entzündungserscheinungen. Zudem wird die sensibilisierende bzw. allergisierende Wirkung von Tensiden und anderen Inhaltsstoffe herabgesetzt bzw. verhindert, dass solche Stoffe überhaupt durch die äußeren Hautschichten penetrieren (vgl. D5, Sp. 2, Z. 23 bis 38). Als bevorzugter Elektrolyt wird Natriumchlorid genannt, der in Mengen von 6 bis 30 Gew.-% in dem kosmetischen Reinigungsmittel enthalten ist (vgl. D5, Sp. 2, Z. 64 bis 68). Die Druckschrift liefert dem Fachmann aber keinen Hinweis dahingehend, zusätzlich zum Kochsalz auch Glycerin zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut einzusetzen.
Aus der Druckschrift D6 ist eine Zusammensetzung zur Hautbehandlung bekannt, die neben einer alpha-Aminosäure und einer starken Säure auch Mineralsalze enthält. Als Mineralsalz wird bevorzugt Totes Meersalz verwendet, welches eine Mischung von Hydrogencarbonaten, Bicarbonaten, Halogeniden und Sulfaten der Metalle Natrium, Kalium, Calcium und Magnesium darstellt (vgl. D6 Patentanspruch 1, Sp. 2, Z. 39 bis 65, Sp. 5, Z. 41 bis 56). Die Zubereitung verbessert die Textur und den Tonus der Haut und reduziert durch Alter und Trockenheit bedingte Falten. Ferner eignet sich die Zubereitung zur Behandlung von UV-Schäden, Akne oder seborrhöische Keratinosen (vgl. D6, Patentanspruch 1, Sp. 2, Z. 41 bis 47). Eine Verwendung von Glycerin wird in der D6 aber nicht angesprochen, sodass eine Kombination von Kochsalz mit Glycerin zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut durch die Lehre der D6 nicht angeregt wird.
Schließlich kann auch die D7, die zwar grundsätzlich eine kosmetische Zubereitung betrifft, die Natriumchlorid und Glycerin enthält, dem Fachmann keinen Hinweis in Richtung der beanspruchten Verwendung liefern, da das Salz nicht zur Stärkung der Barrierefunktion der Haut sondern zur Stabilisierung der Zusammensetzung dient (vgl. D7, Patentanspruch 1, S. 3, Z. 15 bis 19, S. 5, Z. 28 bis 36, S. 7, Z. 13).
Die weiteren Dokumente D2 bis D4, die gleichfalls wie D1 Hautschutzpräparate basierend auf einer Zusammensetzung von hydrierten oder unhydrierten Phosphatidylcholin, Kochsalz und Glycerin betreffen und damit nicht über den Inhalt der D1 hinausgehen, können auch keine Anregung in Richtung der patentgemäßen Verwendung liefern (vgl. D2 bis D4 jeweils Patentanspruch 1).
Die D8 liegt weiter ab, da es sich bei diesem Dokument lediglich um einen Fachbuchauszug betreffend der Zusammensetzung des kosmetischen Inhaltsstoffs „Meersalz“ und dessen Funktion als Feuchthaltemittel handelt (vgl. D8, S. 165, Stichwort „Meersalz“).
4. Die kosmetische, nicht therapeutische Verwendung nach geltendem Patentanspruch 1 erfüllt somit alle Kriterien der Patentfähigkeit. Der geltende Patentanspruch 1 ist daher gewährbar.
Gleichfalls patentfähig sind die Verwendungen gemäß den nachgeordneten Patentansprüchen 2 und 3, die bevorzugte Ausführungsformen der Verwendung nach Patentanspruch 1 betreffen.
5. Da somit im antragsgemäßen Sinn entschieden werden konnte, hat der Senat die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als nicht erforderlich erachtet. Die Aufhebung des Zurückweisungsbeschlusses der Prüfungsstelle für Klasse A 61 K des Deutschen Patent- und Markenamt war daher im schriftlichen Verfahren zu beschießen.
III.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den Verfahrensbeteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn gerügt wird, dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses von einer beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwältin oder von einem beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, eingereicht werden.
Dr. Maksymiw Schell Dr. Jäger Dr. Wagner Fi
Urheber dieses Dokuments ist das Bundespatentgericht. Nach § 5 UrhG geniessen Entscheidungen und Gesetze keinen urheberrechtlichen Schutz. Auflagen des Gerichts können aber die kommerzielle Verwertung einschränken. In Anlehnung an Creative Commons Lizenzen ist die Nutzung mit einer CC BY-NC-SA 3.0 DE Lizenz vergleichbar. Bitte beachten Sie, dass diese Entscheidung urheberrechtlich geschützte Abbildungen enthalten kann. Vor einer Nutzung - über die reine Wiedergabe der Entscheidung hinaus - sind in solchen Fällen entsprechende Nutzungsrechte bei den jeweiligen Rechteinhabern einzuholen.
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