5 StR 584/23
BUNDESGERICHTSHOF StR 584/23 BESCHLUSS vom 14. Februar 2024 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2024:140224B5STR584.23.0 Der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 14. Februar 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen:
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Flensburg vom 26. Juli 2023 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Die weitergehende Revision wird verworfen.
Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und in einem Fall in Tateinheit mit versuchtem Erwerb von Betäubungsmitteln zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt und die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Dagegen wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen erweist es sich als unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
1. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat zum Schuld- und Strafausspruch keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler ergeben.
2. Der Ausspruch über die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB hält hingegen revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand.
Der Senat hat seiner Entscheidung gemäß § 354a StPO die zum 1. Oktober 2023 in Kraft getretene Neufassung des § 64 StGB (BGBl. 2023 I Nr. 203) zugrunde zu legen. Die dort normierten und nach § 2 Abs. 6 StGB auch für Altfälle geltenden Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt werden durch das vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens ergangene Urteil nicht hinreichend belegt. Der Generalbundesanwalt hat dazu in seiner Antragsschrift ausgeführt:
Das sachverständig beratene Landgericht hat das Vorliegen eines Abhängigkeitssyndroms (ICD-10: F12.2) bejaht (UA S. 29). Damit wäre zwar – auf der ersten Stufe – der vom Gesetzgeber regelmäßig geforderte Schweregrad der Substanzkonsumstörung erreicht (vgl. BT-Drucks. 20/5913, S. 44). Die Urteilsgründe ergeben jedoch nicht auch, dass – auf der zweiten Stufe – in ihrer Folge eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung, der Gesundheit, der Arbeits- oder der Leistungsfähigkeit eingetreten wäre und noch fortdauerte. Der Angeklagte lebt mit seiner Partnerin und den beiden gemeinsamen Kindern in einem Haushalt (UA S. 4). Der Betäubungsmittelkonsum hat weder zu einer gravierenden Persönlichkeitsveränderung, zu hirnorganischen Veränderungen oder zu Einbußen der intellektuellen Leistungsfähigkeit noch zu einer Depravation geführt (UA S. 31). Mag der Angeklagte auch keine Ausbildung abgeschlossen haben, so konnte er jedoch immer wieder Arbeit finden (UA S. 3). Soweit das Landgericht angenommen hat, der Betäubungsmittelkonsum habe „zentral das Denken und Verhalten des Angeklagten bestimmt“ (UA S. 30), wird daraus nicht erkennbar, ob es deshalb zu einer Veränderung der äußeren Lebensumstände und – damit einhergehend – zu einer gleichermaßen erheblichen wie manifesten Einbuße von Lebensqualität gekommen war (vgl. dazu BT-Drucks. 20/5913, S. 46). Dass familiäre Interessen hätten „zurückstehen“ müssen, genügt hierfür nicht.
Dem schließt sich der Senat an.
Eine Verknüpfung zwischen der Strafe und der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt hat das Landgericht nicht hergestellt, weshalb der Strafausspruch – insbesondere auch mit Blick auf die Zweispurigkeit von Strafe und Maßregel – von der Aufhebung des Maßregelausspruchs unberührt bleibt.
Cirener Gericke Köhler Resch Werner Vorinstanz: Landgericht Flensburg, 26.07.2023 - V KLs 106 Js 23699/22