4 StR 185/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 185/24 BESCHLUSS vom 11. September 2024 in der Strafsache gegen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a. ECLI:DE:BGH:2024:110924B4STR185.24.0 Der 4. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat auf Antrag des Generalbundesanwalts und nach Anhörung des Beschwerdeführers am 11. September 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 StPO analog, § 354a StPO beschlossen:
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Arnsberg vom 17. Januar 2024 a) im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge und mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie des Handeltreibens mit Cannabis in elf Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, schuldig ist; b) aufgehoben aa) in den Aussprüchen über die Einzelstrafen in den Fällen II.1. bis II.4., II.6., II.7. und II.9. bis II.13. der Urteilsgründe sowie über die Gesamtstrafe,
bb) im Ausspruch über die Einziehung des Wertes von Taterträgen mit den zugehörigen Feststellungen, soweit diese 145.011,50 Euro übersteigt.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe:
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen, Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge sowie Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sieben Monaten verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg und ist im Übrigen unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
1. Der Schuldspruch kann in den Fällen, in denen sich die Tathandlungen des Angeklagten (auch) auf Marihuana und Haschisch bezogen (Taten zu II.1. bis II.4., II.6., II.7. und II.9. bis II.13. der Urteilsgründe), keinen Bestand haben, weil am 1. April 2024 das Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (Konsumcannabisgesetz – KCanG) in Kraft getreten ist (BGBl. I Nr. 109), das sich in diesen Fällen als das gegenüber dem BtMG mildere Gesetz erweist und vom Senat deshalb gemäß § 2 Abs. 3 StGB i.V.m. § 354a StPO zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Juli 2024 – 4 StR 125/24 Rn. 2; vom 21. Mai 2024 – 5 StR 481/23 Rn. 6 mwN; vom 16. Mai 2024 – 6 StR 116/24 Rn. 2; vom 6. Mai 2024 – 5 StR 1/24 Rn. 4). Hiernach sind die rechtsfehlerfrei festgestellten Tathandlungen jeweils als Handeltreiben mit Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) zu bewerten, zu dem im Fall II.3. der Urteilsgründe im Hinblick auf die nach den Feststellungen ebenfalls zum gewinnbringenden Weiterverkauf erworbene und tatsächlich veräußerte Menge von fünf Gramm Kokain der Tatbestand des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (§ 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG) tateinheitlich hinzutritt. Der Senat hat den Schuldspruch in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, denn der – geständige – Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.
2. Die Einzelstrafen in diesen Fällen können keinen Bestand haben, weil der nunmehr jeweils anzuwendende Strafrahmen milder ist als der von der Strafkammer herangezogene (§ 29a Abs. 1 BtMG) und der Senat daher nicht ausschließen kann, dass sie bei Anwendung des milderen Rechts auf geringere Strafen erkannt hätte. Der Wegfall der Einzelstrafen in elf der dreizehn Fälle entzieht der Gesamtstrafe die Grundlage. Der Aufhebung von Feststellungen bedarf es nicht (vgl. § 353 Abs. 2 StPO).
3. Schließlich ist auch der Einziehungsausspruch nicht gänzlich frei von Rechtsfehlern. Er wird hinsichtlich eines Teilbetrags von 160 Euro im Fall II.1. der Urteilsgründe von den bisherigen Feststellungen nicht getragen. Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hierzu ausgeführt:
„Das Landgericht hat insoweit eine Handelsmenge von 3.600 g Haschisch zugrunde gelegt, zugleich aber festgestellt, von diesen seien 50 g später „in Abzug gebracht“ worden (…). Es bleibt unklar, ob es insofern von Anfang an zu einer erst später entdeckten Minderlieferung gekommen war, ob die 50 g zurückgegeben wurden oder ob der Angeklagte lediglich einen entsprechenden Rabatt erhielt. Auch aus der Einlassung des Angeklagten zu den von ihm getätigten Verkäufen (…) ergibt sich hierzu nichts. Ein Verkauf von mehr als 3.550 g Haschisch im Fall II.1 der Urteilsgründe ist damit nicht belegt, die Einziehungsentscheidung entsprechend um 160 Euro zu reduzieren (3,55 kg / 3,6 kg x 10.440 Euro (Einkaufspreis, UA S. 5) + 3,55 kg x 300 Euro (Gewinn pro Kilogramm […]), wobei weitergehende Feststellungen möglich erscheinen.“
Dem tritt der Senat bei. Er hebt auch die zugehörigen Feststellungen auf, um dem neuen Tatgericht widerspruchsfreie Feststellungen zu den in diesem Fall erzielten Verkaufserlösen zu ermöglichen.
4. Im Übrigen hat die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Revisionsrechtfertigung Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben.
Quentin Marks Bartel Tschakert Maatsch Vorinstanz: Landgericht Arnsberg, 17.01.2024 - II-4 KLs-411 Js 1/23-12/23