IX ZR 129/22
BUNDESGERICHTSHOF IX ZR 129/22 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL Nachschlagewerk: ja BGHZ:
nein BGHR:
ja JNEU:
nein in dem Rechtsstreit ZPO § 138 Abs. 2; InsO § 17 Abs. 2 Satz 1 Von einem außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten kann nicht ohne Weiteres verlangt werden, dass er den vom Insolvenzverwalter zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin aufgestellten Liquiditätsstatus im Einzelnen konkret und substantiiert bestreitet, wenn der vom Insolvenzverwalter vorgelegte Liquiditätsstatus keine Einzelheiten enthält und der Insolvenzverwalter seinerseits seinen Vortrag nicht näher - etwa durch Vorlage von Rechnungen, Kontoauszügen oder sonstigen Unterlagen - belegt hat.
BGH, Urteil vom 18. April 2024 - IX ZR 129/22 - OLG Brandenburg LG Frankfurt (Oder)
ECLI:DE:BGH:2024:180424UIXZR129.22.0 Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. April 2024 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Schoppmeyer, den Richter Dr. Schultz, die Richterin Dr. Selbmann, die Richter Dr. Harms und Kunnes für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 7. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 1. Juni 2022 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Der Kläger ist Verwalter in dem auf Eigenantrag vom 5. Juli 2013 am 28. April 2014 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der O. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin). Geschäftsgegenstand der Schuldnerin war die Vermietung von Gewerbeimmobilien, deren Erwerb durch Darlehen finanziert wurde.
Die Beklagte gewährte der Schuldnerin mehrere Darlehen; die Darlehensverträge wurden in der Zeit zwischen September und November 2003 und im Oktober 2009 geschlossen. Zur Sicherheit bestellte die Schuldnerin der Beklagten Grundschulden an ihren Grundstücken. Ferner trat die Schuldnerin ihre gegenwärtigen und künftigen Mietforderungen an die Beklagte ab und verpflichtete sich, der Beklagten die Zahlung auf bestimmte, zugleich verpfändete Reserveund Rücklagekonten nachzuweisen und ihre Jahresabschlüsse vorzulegen. In den im Jahr 2003 geschlossenen Darlehensverträgen verpflichtete sich die Schuldnerin darüber hinaus zur Zahlung von 20 Prozent des Teils eines Erlöses aus dem Verkauf einer Immobilie, der den zu gegebener Zeit noch offenen Darlehensbetrag überstieg, und räumte der Beklagten einen Zustimmungsvorbehalt für Geschäfte der Schuldnerin mit einem Volumen ab 25.000 € ein. Die Verkaufserlösbeteiligung und der Investitionsvorbehalt wurden mit einer Vertragsänderung im November 2006 aufgehoben. Die Beklagte kündigte die Darlehensverträge im Juli 2012. Die von der Beklagten beantragte Zwangsverwaltung der Grundstücke der Schuldnerin begann im Dezember 2012.
Auf Vorschlag der Beklagten betraute die Schuldnerin die H. GmbH (fortan: H. ) ab Juli 2011 mit der Verwaltung der Immobilien, einschließlich des Einzugs der Mieten. Dabei gingen die Mietzahlungen der Mieter der Schuldnerin auf einem Konto der H. ein, von dem wiederum Zahlungen auf die Darlehenskonten der Schuldnerin bei der Beklagten vorgenommen wurden.
Der Kläger nimmt die Beklagte - soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse - auf Rückzahlung von Mieteinnahmen der Schuldnerin in Höhe von 242.874,26 € in Anspruch, die in der Zeit zwischen dem 29. Juni 2011 und dem 13. Juli 2012 auf einem Konto der H. eingegangen waren, von dem sodann auf Anweisung der Schuldnerin Beträge auf Darlehenskonten der Schuldnerin bei der Beklagten weitergeleitet wurden.
Das Landgericht hat die Beklagte zur Rückgewähr der ab dem 31. Oktober 2011 erhaltenen Zahlungen in Höhe von 193.927,77 € nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage in Höhe von weiteren 8.327,72 € abgewiesen sowie die weitergehenden Berufungen der Beklagten und des Klägers zurückgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die vollumfängliche Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Urteils, soweit darin zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist, und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das Berufungsgericht hat - soweit noch von Interesse - ausgeführt, ein Anspruch des Klägers auf Rückgewähr der Zahlungen aus § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheitere daran, dass die Beklagte nicht einem Gesellschafter der Schuldnerin gleichzuachten sei. Der Bundesgerichtshof habe mit Urteil vom 25. Juni 2020 (IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125) verschiedene Merkmale von schuldrechtlichen Vereinbarungen zwischen einer kreditgewährenden Bank und einer Gesellschaft diskutiert, die in ihrer Gesamtschau zu einer Gleichstellung der Bank mit einem Gesellschafter der kreditnehmenden Gesellschaft führen könnten. Dies sei anzunehmen, wenn eine kreditgewährende Bank auf der Grundlage von schuldrechtlichen Vereinbarungen mit der Schuldnerin über ihre Rolle als Fremdkapitalgeber hinausgehe, weil sie nicht nur eine Sicherung ihrer Darlehensansprüche betreibe, sondern sich die Tätigkeit der kreditbedürftigen Gesellschaft wie eine eigene unternehmerische Tätigkeit der kreditgewährenden Bank darstelle. Gemessen hieran habe sich die Beklagte nicht aus ihrer Rolle als Fremdkapitalgeber hinausbegeben. Die zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen hätten der Beklagten keine Entscheidungs- oder Leitungsmacht im Sinne eines aktiven Lenkens der Geschäfte der Schuldnerin verschafft. Die Beklagte habe nicht am Betriebsergebnis oder am unternehmerischen Erfolg der Insolvenzschuldnerin teilgenommen, sondern allein ihre Aussicht abgesichert, das gewährte Kapital zurückzuerhalten und den auf die vereinbarten Zinsen von vornherein beschränkten Gewinn zu erzielen.
Die Zahlungen, welche die Beklagte bis Juli 2012 auf ihre Darlehensforderungen erhalten habe, seien aber wegen vorsätzlicher Benachteiligung nach § 133 InsO anfechtbar. Dabei müssten die Ausführungen der Parteien zum tatsächlichen Vorgehen bei der Abwicklung des Forderungseinzugs der Schuldnerin bei ihren Mietern mithilfe der H. und bei der Zahlung auf die Darlehensverbindlichkeiten der Schuldnerin bei der Beklagten nicht nachvollzogen werden. Jedenfalls seien die Zahlungen vom Konto der H. - unabhängig davon, ob diese durch eine von der H. veranlasste Überweisung oder durch eine von der Beklagten veranlasste Einziehung vorgenommen worden seien - auf eine Anweisung der Schuldnerin zurückzuführen. Diese habe entweder der H. vorgegeben, auf welches Konto bei der Beklagten sie überweisen solle; oder sie habe die Beklagte angewiesen, entsprechende Lastschriften vom Konto der H. vorzunehmen, wobei sie zugleich die H. veranlasst haben müsse, diese Lastschriften zu genehmigen oder widerspruchslos zu dulden.
Auf den Vorsatz der organschaftlichen Vertreter der Schuldnerin, mit einer Zahlung an die Beklagte die Insolvenzgläubiger zu benachteiligen, könne geschlossen werden, weil die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen sei und ihre Vertreter dies gewusst hätten. Der Kläger habe für den Stichtag vom 28. Februar 2010 eine Liquiditätsbilanz vorgelegt, aus der sich die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin ergebe, jedoch mit Ausnahme einer Umsatzsteuerschuld aus einer Voranmeldung einzelne Forderungen nicht näher bezeichnet oder beziffert seien. Die mangelnde Substanz der vom Kläger vorgelegten Liquiditätsbilanz wirke sich aber nicht zu seinen Lasten aus. Erstelle der Insolvenzverwalter die Liquiditätsbilanz anhand der Buchhaltungsunterlagen des Schuldners, reiche es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 - II ZR 88/16, BGHZ 217, 129) für ein wirksames Bestreiten nicht aus, pauschal zu behaupten, die Buchhaltung sei nicht ordnungsgemäß geführt worden. Vielmehr müsse der Anfechtungsgegner die einzelnen, in die Liquiditätsbilanz noch aufzunehmenden Zahlungsmittel oder herauszunehmenden Zahlungspflichten darlegen und erforderlichenfalls beweisen. Die Beklagte habe die Liquiditätsbilanz lediglich unsubstantiiert bestritten. Weshalb die Umsatzsteuerschuld nicht bestehen sollte, habe die Beklagte nicht dargelegt. Und selbst wenn alle vom Kläger in die Liquiditätsbilanz aufgenommenen Kapitalverbindlichkeiten als gestundete Darlehensforderungen der Beklagten zu werten seien, habe gleichwohl Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vorgelegen.
Auf den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin könne aus deren Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne der Benachteiligungsvorsatz nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig sei. Unklar bleibe, welche Darlegungsanforderungen an den klagenden Insolvenzverwalter zu stellen seien, weil der Bundesgerichtshof in seiner weiteren Rechtsprechung eher Gegengründe aufgezeigt habe, die trotz Zahlungsunfähigkeit gegen eine Kenntnis des Schuldners von seinem auch künftigen Unvermögen, alle Gläubiger befriedigen zu können, sprechen könnten. Ein Insolvenzverwalter, der allein die objektiven Anzeichen einer Zahlungsunfähigkeit darlegen könne, könne sich lediglich auf die formelhafte Versicherung zurückziehen, er habe keine Anzeichen dafür ermitteln können, der Schuldner habe Zweifel an der Fälligkeit bestehender Forderungen oder berechtigte Hoffnung auf eine Besserung gehabt. Diese Versicherung sei so nichtssagend, dass ihr Fehlen nicht als Darlegungsmangel gewertet werden könne, der zur fehlenden Schlüssigkeit seiner Klage führe. Die Beklagte habe ihrerseits nicht im Einzelnen dargelegt, woran es fehle, um eine Kenntnis der Insolvenzschuldnerin und ihrer selbst von der Zahlungsunfähigkeit festzustellen und daraus auf das Bewusstsein zu schließen, eine Erfüllung der Forderungen der Beklagten werde zwangsläufig dazu führen, anderen Gläubigern die vollständige Erfüllung ihrer Forderungen vorzuenthalten.
Die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin sei ohne weiteres anzunehmen, weil sie die unzureichenden Zahlungen auf ihre eigenen Forderungen gekannt habe, die sie schließlich zur Kündigung der Darlehen veranlasst hätten. Sie habe gewusst, dass sie die Hauptgläubigerin der Schuldnerin gewesen sei, und aufgrund der Art der von der Schuldnerin geführten Geschäfte wissen müssen, dass es weitere Gläubiger der Schuldnerin gebe.
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung in wesentlichen Punkten nicht stand. Die Begründung, mit der das Berufungsgericht eine Anfechtung der im Zeitraum zwischen dem 31. Oktober 2011 und dem 13. Juli 2012 erfolgten Zahlungen nach § 133 Abs. 1 InsO bejaht, ist rechtsfehlerhaft. Da das Insolvenzverfahren vor dem 5. April 2017 eröffnet worden ist, sind die Vorschriften der §§ 130 ff InsO in der bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden (Art. 103j Abs. 1 EGInsO).
1. Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht vom Vorliegen von Rechtshandlungen der Schuldnerin ausgegangen. Diese haben zu einer Gläubigerbenachteiligung geführt.
Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurden die ab dem 1. Juli 2011 auf dem Konto der H. eingegangenen Mietzahlungen auf Anweisung der Schuldnerin auf die Darlehenskonten der Schuldnerin bei der Beklagten weitergeleitet, so dass jeweils eine Rechtshandlung der Schuldnerin vorlag. Die gegen die Feststellungen des Berufungsgerichts insoweit erhobenen Rügen der Revision hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet; von einer näheren Begründung wird nach § 564 ZPO abgesehen.
2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die Schuldnerin sei im Zeitpunkt der Vornahme der Rechtshandlungen zahlungsunfähig gewesen und habe mit Benachteiligungsvorsatz im Sinne des § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO gehandelt, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Der Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners und die Kenntnis des Anfechtungsgegners vom Gläubigerbenachteiligungsvorsatz sind innere, dem Beweis nur eingeschränkt zugängliche Tatsachen. Die subjektiven Voraussetzungen der Vorsatzanfechtung können daher in aller Regel nur mittelbar aus objektiven (Hilfs-)Tatsachen hergeleitet werden (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - IX ZR 188/15, ZIP 2016, 1686 Rn. 12; vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20,
BGHZ 230, 28 Rn. 11; st. Rspr.). Es ist Aufgabe des Tatrichters, die ihm unterbreiteten Hilfstatsachen auf der Grundlage des Gesamtergebnisses der mündlichen Verhandlung und einer etwaigen Beweisaufnahme umfassend und widerspruchsfrei zu würdigen (vgl. BGH, Urteil vom 13. August 2009 - IX ZR 159/06, WM 2009, 1943 Rn. 8; vom 14. Juli 2016, aaO; vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 37). Dabei hat er die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu den für und gegen den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz und die Kenntnis von diesem sprechenden Beweisanzeichen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 12).
Bei der Anfechtung kongruenter Deckungen kann der Benachteiligungsvorsatz nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht allein darauf gestützt werden, dass der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig ist (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff). In diesen Fällen ist für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz von entscheidender Bedeutung, dass der Schuldner weiß oder jedenfalls billigend in Kauf nimmt, dass er seine (übrigen) Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen können wird (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 36; vom 3. März 2022 - IX ZR 78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 19). Dies kann aus der im Moment der Rechtshandlung gegebenen Liquiditätslage nicht in jedem Fall mit hinreichender Gewissheit abgeleitet werden (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO; vom 3. März 2022, aaO).
b) Nach diesen Maßstäben hält die Würdigung des Berufungsgerichts rechtlicher Überprüfung nicht stand.
aa) Bereits die Annahme des Berufungsgerichts, die Schuldnerin sei seit 28. Februar 2010 objektiv zahlungsunfähig gewesen, beruht - wie die Revision mit Recht rügt - auf verfahrensfehlerhaft getroffenen Feststellungen. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers kann nicht als unstreitig behandelt werden.
(1) Noch zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass die Zahlungsunfähigkeit auch durch einen Liquiditätsstatus festgestellt werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2013 - IX ZR 143/12, ZIP 2013, 2015 Rn. 7). Dabei sind die im maßgeblichen Zeitpunkt verfügbaren und innerhalb von drei Wochen flüssig zu machenden Mittel in Beziehung zu setzen zu den am selben Stichtag fälligen und eingeforderten Verbindlichkeiten. Beträgt die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten, ist regelmäßig von Zahlungsfähigkeit auszugehen, es sei denn, es ist bereits absehbar, dass die Lücke demnächst mehr als 10 % erreichen wird. Beträgt die Liquiditätslücke des Schuldners 10 % oder mehr, ist dagegen regelmäßig von Zahlungsunfähigkeit auszugehen, sofern nicht ausnahmsweise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass die Liquiditätslücke demnächst vollständig oder fast vollständig geschlossen wird und den Gläubigern ein Zuwarten nach den besonderen Umständen des Einzelfalles zuzumuten ist (BGH, Urteil vom 7. Mai 2013 - IX ZR 113/10, ZIP 2013, 2323 Rn. 15 mwN; vom 28. April 2022 - IX ZR 48/21, ZIP 2022, 1341 Rn. 24).
(2) Der Kläger hat sich zum Nachweis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin auf einen Liquiditätsstatus zum Stichtag 28. Februar 2010 gestützt. Dieser wies als unmittelbar fällige Passiva zum Stichtag ohne weitere Differenzierung Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung, Verbindlichkeiten aus Umsatzsteuer und kurzfristige Kapitalverbindlichkeiten sowie als Passiva II innerhalb der folgenden 21 Tage fällig werdende Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung aus.
Zu Unrecht und unter Verstoß gegen § 138 ZPO hat das Berufungsgericht das Bestreiten der Beklagten als unsubstantiiert behandelt. Es hat gemeint, der Anfechtungsgegner habe die einzelnen aus dem Liquiditätsstatus herauszunehmenden Zahlungspflichten darzulegen und zu beweisen. Dadurch hat es die Anforderungen an ein wirksames Bestreiten des Anfechtungsgegners überspannt.
Die Anforderungen an die Substantiierungslast des Bestreitenden hängen davon ab, wie substantiiert der darlegungsbelastete Gegner vorgetragen hat. Je detaillierter der Vortrag der darlegungsbelasteten Partei ist, desto höher ist die Erklärungslast der bestreitenden Partei nach § 138 Abs. 2 ZPO. Fehlt es dagegen an einer näheren Darlegung von Einzelheiten durch die darlegungsbelastete Partei, kann ein einfaches Bestreiten des Gegners genügen (BGH, Urteil vom 28. April 2022 - IX ZR 48/21, ZIP 2022, 1341 Rn. 20 ff).
Gemessen hieran ist das Bestreiten der Beklagten ausreichend substantiiert. Die Beklagte hat das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und die Richtigkeit des vom Kläger vorgelegten Liquiditätsstatus, die Höhe und Fälligkeit der angeblichen Verbindlichkeiten der Schuldnerin aus Lieferung und Leistung, die vermeintliche offene Umsatzsteuerverbindlichkeit und die fällig werdenden Verbindlichkeiten mit Nichtwissen bestritten. Ihre eigenen Forderungen gegen die Schuldnerin auf Rückzahlung der Darlehen hat sie für gestundet gehalten.
Dieses Bestreiten ist in Anbetracht des Vortrags des Klägers zur Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin am 28. Februar 2010 als ausreichend anzusehen. Der Kläger hat seinen Vortrag nicht näher - etwa durch Vorlage von Rechnungen, Kontoauszügen oder sonstigen Unterlagen - belegt. Mangels näherer Darlegung von Einzelheiten bestand für die Beklagte weder Anlass noch Mög- lichkeit, ihr Bestreiten im Einzelnen näher zu erläutern. Dass die Beklagte tatsächlich ins Einzelne gehende Kenntnisse von der Finanzlage der Schuldnerin hatte, etwa aufgrund der zwischen den Parteien vereinbarten Informations- und Unterrichtungspflichten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt.
(3) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem vom Berufungsgericht herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Dezember 2017 (II ZR 88/16, BGHZ 217, 129) zu den Anforderungen an das Bestreiten eines Liquiditätsstatus durch den Geschäftsführer einer insolventen GmbH. Danach kann der Geschäftsführer einen vom Insolvenzverwalter zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 InsO aufgestellten Liquiditätsstatus, der auf den Angaben aus der Buchhaltung der Schuldnerin beruht, nicht mit der pauschalen Behauptung bestreiten, die Buchhaltung sei nicht ordnungsgemäß geführt worden. Er hat vielmehr im Einzelnen vorzutragen und gegebenenfalls zu beweisen, welche der in den Liquiditätsstatus eingestellten Verbindlichkeiten trotz entsprechender Verbuchung zu den angegebenen Zeitpunkten nicht fällig und eingefordert gewesen sein sollen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017, aaO Rn. 23).
Diese Grundsätze gelten nicht ohne Weiteres für einen außerhalb der Gesellschaft stehenden Dritten. Der Geschäftsführer einer GmbH ist verpflichtet, für die ordnungsgemäße Buchhaltung der Gesellschaft zu sorgen. Er ist aufgrund seiner Tätigkeit mit den finanziellen Verhältnissen der insolvent gewordenen Gesellschaft vertraut und deswegen gehalten, im Einzelnen substantiiert darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, welche der in der Buchhaltung vorhandenen Buchungen in welcher Hinsicht unrichtig sein sollen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2017 - II ZR 88/16, BGHZ 217, 129 Rn. 23). Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Beklagte aufgrund der zwischen ihr und der Schuldnerin getroffenen Vereinbarungen über Informations- und Unterrichtungspflichten der Schuldnerin einem Geschäftsführer entsprechende Kenntnisse von der finanziellen Situation der Schuldnerin hatte. Es hat vielmehr rechtsfehlerhaft angenommen, der Anfechtungsschuldner sei grundsätzlich gehalten, die einzelnen, in den Liquiditätsstatus noch aufzunehmenden Zahlungsmittel oder herauszunehmenden Zahlungspflichten darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen.
bb) Die Entscheidung ist weiter deshalb rechtsfehlerhaft, weil das Berufungsgericht angenommen hat, dass auf den Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin allein aus deren objektiver Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden könne.
(1) Zu den Beweisanzeichen, die für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz des Schuldners sprechen, gehört die erkannte bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit. Im Fall der Gewährung einer kongruenten Deckung kann nach der neueren Rechtsprechung des Senats nicht mehr allein von der erkannten Zahlungsunfähigkeit auf den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz geschlossen werden. Ist der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung erkanntermaßen zahlungsunfähig, kommt es vielmehr zusätzlich darauf an, ob er wusste oder jedenfalls billigend in Kauf nahm, seine anderen Gläubiger auch zu einem späteren Zeitpunkt nicht vollständig befriedigen zu können (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 30 ff, 46).
Die gegenwärtige Zahlungsunfähigkeit allein spricht für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn sie ein Ausmaß angenommen hat, das eine vollständige Befriedigung der übrigen Gläubiger auch in Zukunft nicht erwarten lässt, etwa deshalb, weil ein Insolvenzverfahren unausweichlich erscheint (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 36; vom 3. März 2022 - IX ZR
78/20, BGHZ 233, 70 Rn. 23). Ist die Krise noch nicht so weit fortgeschritten oder besteht aus anderen Gründen berechtigte Hoffnung auf Besserung, genügt der Blick auf die momentane Liquiditätslage nicht für eine im Sinne des § 286 ZPO sichere Überzeugung (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO). Hatte die Deckungslücke ein Ausmaß erreicht, das selbst bei optimistischer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung in absehbarer Zeit keine vollständige Befriedigung der bereits vorhandenen und der absehbar hinzutretenden Gläubiger erwarten ließ, musste dem Schuldner klar sein, dass er nicht einzelne Gläubiger befriedigen konnte, ohne andere zu benachteiligen. Befriedigt er in dieser Lage einzelne Gläubiger, handelt er deshalb mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 46; vom 3. März 2022, aaO Rn. 23, 75). Besteht - abhängig vom Ausmaß der bestehenden Deckungslücke und der aus objektiver Sicht erwartbaren und vom Schuldner erkannten Entwicklung - Aussicht auf nachhaltige Beseitigung der gegenwärtigen Zahlungsunfähigkeit, muss der Schuldner davon ausgehen dürfen, dass ihm der hierfür erforderliche Zeitraum verbleibt. Der Schuldner handelt mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz, wenn er einen Zeitraum in seine Überlegungen einbezieht, der ihm unter Berücksichtigung des Verhaltens seiner übrigen Gläubiger ersichtlich nicht zur Verfügung steht (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021, aaO Rn. 47; vom 3. März 2022, aaO Rn. 23).
(2) Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass in dem Liquiditätsstatus zum 28. Februar 2010 Kapitalverbindlichkeiten in Höhe von 25.278 € ausgewiesen waren und angenommen, es bestehe eine Deckungslücke. Feststellungen dazu, ob die Deckungslücke bereits ein Ausmaß erreicht hat, das selbst bei optimistischer Einschätzung der zukünftigen Entwicklung in absehbarer Zeit keine vollständige Befriedigung der bereits vorhandenen und der absehbar hinzutretenden Gläubiger erwarten ließ, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Es hat sich nicht mit dem Ausmaß der konkreten Deckungslücke und den Umständen,
welche die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin begründeten, befasst. Die Darlegungs- und Beweislast für die Deckungslücke und den Umstand, dass die erwartbare Entwicklung der Vermögenslage keine vollständige Befriedigung erwarten ließ, trägt der Insolvenzverwalter (BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 - IX ZR 72/20, BGHZ 230, 28 Rn. 48; vom 18. April 2024 - IX ZR 239/22, zVb Rn. 24).
3. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend eine Anfechtung der im Zeitraum zwischen dem 31. Oktober 2011 und dem 13. Juli 2012 erfolgten Zahlungen nach § 135 Abs. 1 InsO verneint.
a) Die in der Zeit zwischen dem 5. und dem 13. Juli 2012 erfolgten Zahlungen sind nicht als Befriedigung einer Forderung auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder einer gleichgestellten Forderung nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO anfechtbar. Denn die Befriedigung eines Darlehens ist nicht anfechtbar, wenn der darlehensgewährende Gesellschafter vor Beginn des in § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO bestimmten Zeitraums von einem Jahr seine Gesellschafterposition aufgegeben hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Februar 2013 - IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 Rn. 25 mwN). Die vor dem 5. Juli 2012 erfolgte Befriedigung der Darlehen liegt außerhalb des von § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO bestimmten Anfechtungszeitraums.
aa) Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Ein Dritter, der einer Gesellschaft ein Darlehen gewährt, kann Gegner des Anfechtungsanspruchs nach § 135 Abs. 1 InsO sein, wenn er - ohne formell Gesellschafter zu sein - einem Gesellschafter gleichzustellen ist. § 135 Abs. 1 InsO erfasst mithin auch Rechtshandlungen Dritter, welche der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen. Dies kann der Fall sein, wenn der darlehensgebende Dritte sich aufgrund von Vereinbarungen Rechte einräumen lässt, die ihm unternehmerischen Einfluss auf die Gesellschaft geben und dieser Einfluss in einer Weise ausgestaltet und abgesichert ist, die es rechtfertigt, das Darlehen des Dritten als Einsatz eines Kapitals zu einer eigenen gesellschaftergleichen unternehmerischen Tätigkeit anzusehen. Hierfür muss der Dritte einerseits einen rechtlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft haben und andererseits am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft teilnehmen können (BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125 Rn. 20, 23 ff).
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Beklagte nicht einem Gesellschafter der Schuldnerin gleichzustellen sei. Die Beklagte habe sich nicht aus ihrer Rolle als Fremdkapitalgeber hinausbegeben. Die zwischen der Schuldnerin und der Beklagten getroffenen Vereinbarungen hätten der Beklagten keine Entscheidungs- oder Leitungsmacht im Sinne eines aktiven Lenkens der Geschäftsleitung der Schuldnerin und keine an die Gewinnbeteiligung eines Kommanditisten heranreichende Stellung gegeben. Im Einzelnen hat das Berufungsgericht dabei nicht danach differenziert, dass der Beklagten mit den Darlehensverträgen von September und November 2003 auch eine Verkaufserlösbeteiligung und ein Investitionsvorbehalt eingeräumt worden waren, die durch eine Vertragsänderung im November 2006 wegfielen.
Der Senat kann die Frage offenlassen, ob die der Beklagten ursprünglich mit den im Jahr 2003 abgeschlossenen Darlehensverträgen eingeräumten Rechte zu einem unternehmerischen Einfluss auf die Schuldnerin und einer Beteiligung am wirtschaftlichen Erfolg der Schuldnerin in der Weise führten, dass die Beklagte als einem Gesellschafter gleichzustellender Dritter anzusehen war.
Denn selbst wenn die Beklagte ursprünglich als einem Gesellschafter gleichzustellender Dritter anzusehen gewesen wäre, hätte sie diese Stellung jedenfalls mit dem Wegfall der Verkaufserlösbeteiligung und des Investitionsvorbehalts aufgrund der Vertragsänderung im November 2006 verloren. Die insoweit vom Berufungsgericht vorgenommene Würdigung der Umstände des Einzelfalls ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Hinreichende Anhaltspunkte für etwaige subtilere Formen der Einflussnahme der Beklagten, um die Tätigkeit der Schuldnerin als eigene unternehmerische Tätigkeit der Beklagten ansehen zu können (vgl. BGH, Urteil vom 25. Juni 2020 - IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125 Rn. 55), zeigt die Revisionserwiderung nicht auf.
b) Auch eine Anfechtbarkeit nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO scheidet aus. Die Beklagte hat insoweit die ihr von der Schuldnerin gestellten Sicherheiten nicht verwertet. Vielmehr erfolgten die Zahlungen auf das Konto der Beklagten in der Zeit zwischen dem 31. Oktober 2011 und dem 13. Juli 2012 auf Anweisung der Schuldnerin von einem Konto der H. , welche die Mietzahlungen zuvor von den Mietern der Schuldnerin für diese vereinnahmt hatte.
III.
Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie im Umfang ihrer Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Schoppmeyer Harms Schultz Kunnes Selbmann Vorinstanzen: LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 23.03.2020 - 13 O 2/18 OLG Brandenburg, Entscheidung vom 01.06.2022 - 7 U 61/20 - IX ZR 129/22 Verkündet am: 18. April 2024 Kluckow, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle