V ZR 34/24
BUNDESGERICHTSHOF V ZR 34/24 IM NAMEN DES VOLKES URTEIL in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: nein BGHZ:
ja BGHR:
ja JNEU:
nein WEG § 18 Abs. 1, Abs. 2, § 27 Abs. 1; BGB § 280 Abs. 1 Nach Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes zum 1. Dezember 2020 bestehen Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten des Verwalters aus dem zwischen diesem und der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer geschlossenen Vertrag nur gegenüber der Gemeinschaft. Der zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und dem Verwalter geschlossene Vertrag entfaltet keine drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers.
BGH, Urteil vom 5. Juli 2024 - V ZR 34/24 - LG Dresden AG Chemnitz ECLI:DE:BGH:2024:050724UVZR34.24.0 Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2024 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, den Richter Dr. Göbel, die Richterinnen Laube und Dr. Grau und den Richter Dr. Schmidt für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 16. Februar 2024 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Mitglied einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE), deren Verwalterin die Beklagte ist. Die GdWE war Versicherungsnehmerin einer den gesamten Gebäudekomplex umfassenden Gebäudeversicherung. Nach einem Wasserschaden an Gemeinschafts- und Sondereigentum überwies die Gebäudeversicherung der GdWE im November 2022 die von einem Schadensregulierer berechnete Zeitwertentschädigung. Der Kläger forderte die Beklagte unter Fristsetzung zunächst vergeblich auf, den für sein Sondereigentum geleisteten Teilbetrag an ihn auszukehren. Die Auszahlung erfolgte erst, nachdem er erneut zur Zahlung aufgefordert und erklärt hatte, sich anwaltlich selbst zu vertreten.
Die auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Prozesszinsen gerichtete Klage ist bei Amts- und Landgericht ohne Erfolg geblieben. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Nach Ansicht des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar habe ein fälliger Anspruch des Klägers gegen die GdWE auf Auskehrung der auf sein Sondereigentum entfallenden Versicherungsleistung bestanden, dessen Erfüllung unberechtigt verweigert worden sei. Daraus folge aber kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte, da der zwischen der GdWE und der Beklagten geschlossene Verwaltervertrag nach der seit dem 1. Dezember 2020 geltenden Rechtslage keine Schutzwirkung mehr zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer entfalte.
II.
Die Revision hat keinen Erfolg. Dem Kläger stehen wegen einer möglicherweise verspäteten Auszahlung unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt Ersatzansprüche gegen die Beklagte zu.
1. Im Ausgangspunkt gehen sowohl das Berufungsgericht als auch die Revision von der zutreffenden - aber unausgesprochen gebliebenen - Annahme aus, dass sich ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nicht unmittelbar aus § 280 Abs. 1, Abs. 2, § 286 BGB ergeben kann. Zwischen den Parteien bestand kein Schuldverhältnis, kraft dessen die Beklagte eine Auskehrung der auf das Sondereigentum des Klägers entfallenden Entschädigungszahlung des Gebäudeversicherers vorzunehmen hatte (zu einem Auskehrungsanspruch vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2016 - V ZR 29/16, NJW-RR 2017, 4 Rn. 6 mwN). Denn Vertragsparteien des Verwaltervertrages sind die GdWE und die Beklagte, nicht jedoch der Kläger. Auch aus der Amtsstellung der Beklagten als Verwalterin folgt keine gesetzliche Leistungspflicht gegenüber dem Kläger. Die zum alten Wohnungseigentumsrecht offen gelassene Frage, ob sämtliche in § 27 Abs. 1 WEG aF geregelten Amtspflichten des Verwalters Individualrechte der einzelnen Wohnungseigentümer gegenüber dem Verwalter begründeten (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 26), stellt sich seit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes (WEMoG) zum 1. Dezember 2020 nicht mehr. Denn danach obliegt die Verwaltung (auch) im Innenverhältnis ausschließlich der GdWE (§ 18 Abs. 1 WEG), die die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe erfüllt; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter (vgl. BTDrucks. 19/18791 S. 58; Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, BGHZ 239, 1 Rn. 11).
2. Ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten gegen die Beklagte ergibt sich entgegen der Revision auch nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Zutreffend verneint das Berufungsgericht eine drittschützende Wirkung des Verwaltervertrages.
a) Nach der zum alten Wohnungseigentumsrecht ergangenen Rechtsprechung des Senates entfaltete der Verwaltervertrag Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer (vgl. Senat, Urteil vom 19. Juli 2019 - V ZR 75/18, ZWE 2020, 44 Rn. 7; Urteil vom 8. Februar 2019 - V ZR 153/18, ZWE 2019, 367 Rn. 9; Beschluss vom 7. Juli 2016 - V ZB 15/14, NJW-RR 2017, 464 Rn. 9). Ob dies auch nach Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020 angenommen werden kann, ist umstritten.
aa) Nach einer Ansicht soll dem Verwaltervertrag unverändert Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer zukommen. Es sei prozessökonomisch nicht sinnvoll, wenn zunächst die GdWE, der das Fehlverhalten ihres Verwalters entsprechend § 31 BGB zuzurechnen sei, gegenüber den Wohnungseigentümern hafte und sodann Regress bei dem Verwalter nehmen müsse. Der gegenüber der GdWE obsiegende Wohnungseigentümer sei auch weiter schutzbedürftig, da er sich andernfalls - bis zu einem erfolgreichen Regress der GdWE bei dem Verwalter - nach Maßgabe des Kostenverteilungsschlüssels anteilig an der Finanzierung seines eigenen Schadensersatzanspruchs zu beteiligen habe. Weigere sich die Mehrheit, den Regressanspruch gegen den Verwalter durchzusetzen, müsse der Wohnungseigentümer ein gerichtliches Vorgehen der GdWE gegen den Verwalter sogar erst im Wege der Beschlussersetzungsklage erzwingen (vgl. Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 218 f.; BeckOK BGB/Hügel [1.5.2024], § 26 WEG Rn. 15, § 27 WEG Rn. 21; BeckOK WEG/Elzer [2.4.2024], § 26 Rn. 207; NK-BGB/Brücher/Schultzky, 5. Aufl., § 27 WEG Rn. 29 f.; Zschieschack in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27 Rn. 276 f.; Dötsch/ Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 13 Rn. 95 ff.).
bb) Nach der Gegenansicht ist eine Schutzwirkung des Verwaltervertrages zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer abzulehnen. Mit dem WEMoG sei eine Haftungskonzentration bei der GdWE eingetreten. Der einzelne Wohnungseigentümer sei nicht mehr schutzbedürftig, da ihm nunmehr ein gleichwertiger Haftungsanspruch gegen die GdWE zustehe (vgl. LG Braunschweig, ZMR 2023, 390, 391; AG Hannover, ZWE 2021, 360 Rn. 14; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 221; BeckOGK/Greiner, WEG [1.6.2024], § 26 Rn. 347 f.; Grüneberg/Wicke, BGB, 83. Aufl., § 27 WEG Rn. 3; MüKoBGB/Skauradszun, 9. Aufl., § 27 WEG Rn. 56; Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 26 WEG Rn. 28 f.; Först in: Münchener Handbuch des Wohnungseigentumsrechts, 8. Aufl., § 19 Rn. 65 ff.; Abramenko, Das neue Wohnungseigentumsrecht, § 5 Rn. 33; Lehmann-Richter/Wobst, WEG-Reform 2020, Rn. 60; Wobst, ZWE 2021, 17, 19 f.; Lieder/Pordzik, ZWE 2021, 105, 109).
b) Die zuletzt genannte Auffassung ist zutreffend. Nach Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020 bestehen Ansprüche des einzelnen Wohnungseigentümers wegen der Verletzung von Pflichten des Verwalters aus dem zwischen diesem und der GdWE geschlossenen Vertrag nur gegenüber der GdWE. Der zwischen der GdWE und dem Verwalter geschlossene Vertrag entfaltet keine drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers.
aa) Die Frage, ob den einzelnen Wohnungseigentümern weiterhin ein eigener Anspruch gegen den Verwalter zustehen kann, war im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Während der Gesetzesentwurf der Bundesregierung einen Direktanspruch der einzelnen Wohnungseigentümer gegen den Verwalter angesichts der umfassenden Innenhaftung der GdWE als „weder sinnvoll, noch notwendig“ ablehnte (vgl. BT-Drucks. 19/18791 S. 58), wies der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz in seiner Beschlussempfehlung und seinem Bericht darauf hin, dass die Neufassung des Gesetzes einer Einordnung des Verwaltervertrages als Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer nicht entgegenstehe, „soweit die Voraussetzungen dieses Rechtsinstitutes vorliegen“ (BT-Drucks. 19/22634 S. 47). Eine gesetzliche Regelung eines solchen Anspruchs ist jedenfalls nicht erfolgt. Insbesondere begründet auch der auf Empfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz (vgl. BTDrucks. 19/22634 S. 48) eingefügte § 43 Abs. 2 Nr. 3 Halbsatz 2 WEG, mit dem die ausschließliche örtliche Zuständigkeit für Streitigkeiten über Ansprüche eines Wohnungseigentümers gegen den Verwalter geregelt wird, keinen materiellrechtlichen Anspruch; denn es handelt sich um eine reine Zuständigkeitsregelung, der auch ein praktischer Anwendungsbereich, etwa für deliktische Ansprüche, verbleibt (ebenso Dötsch/Schultzky/Zschieschack, WEG-Recht 2021, Kapitel 13 Rn. 94; Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 219, jeweils mit Verweis auf Senat, Beschluss vom 15. Dezember 1988 - V ZB 9/88, BGHZ 106, 222, 225).
bb) Ob der zwischen der GdWE und dem Verwalter geschlossene Vertrag drittschützende Wirkung zugunsten des einzelnen Wohnungseigentümers entfaltet, ist deshalb anhand der von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten allgemeinen Voraussetzungen für die Einbeziehung Dritter in den Schutzbereich eines Vertrages zu beantworten.
(1) Die Herausbildung des Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte in der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs beruht auf ergänzender Vertragsauslegung (vgl. z.B. RGZ 127, 218, 221 f; BGH, Urteil vom 15. Juni 1971 - VI ZR 262/69, BGHZ 56, 269, 273) und knüpft damit an den hypothetischen Willen der Parteien an, der gemäß § 157 BGB unter Berücksichtigung von Treu und Glauben zu erforschen ist. Sie ist dem Umstand geschuldet, dass die Erfüllung vertraglicher Leistungspflichten zu einem gesteigerten sozialen Kontakt der Vertragsparteien und dementsprechend zu einer größeren Einwirkungsmöglichkeit auf die Rechtsgüter des Vertragspartners und gegebenenfalls mit diesem verbundener Dritter führt und das Deliktsrecht - insbesondere wegen der Exkulpationsregelung bei der Gehilfenhaftung nach § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB und des Fehlens eines umfassenden Vermögensschutzes - den geschädigten Dritten nicht immer zureichend absichert. Billigt man dem Dritten eine vertragliche Anspruchsgrundlage zu, die ihm die Kompensation des in Ausführung des Vertragsverhältnisses bei ihm eingetretenen Schadens ermöglicht, ist damit aber zwangsläufig eine Ausweitung des Haftungsrisikos des Schuldners verbunden. Um diese Haftung für den Schuldner nicht unkalkulierbar auszudehnen, sind an die Einbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutz strenge Anforderungen zu stellen (ausführlich etwa BGH, Urteil vom 17. November 2016 - III ZR 139/14, NJW-RR 2017, 888 Rn. 15 mwN).
(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind folgende Voraussetzungen für die Einbeziehung eines Dritten in den Schutzbereich des Vertrages anerkannt: Der Dritte muss bestimmungsgemäß mit der (Haupt-)Leistung in Berührung kommen und den Gefahren von Schutzpflichtverletzungen ebenso ausgesetzt sein wie der Gläubiger (Leistungsnähe). Der Gläubiger muss ein Interesse an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Vertrages haben (Einbeziehungsinteresse). Für den Schuldner muss die Leistungsnähe des Dritten und dessen Einbeziehung in den Schutzbereich des Vertrages erkennbar und zumutbar sein (Erkennbarkeit und Zumutbarkeit). Für die Ausdehnung des Vertragsschutzes muss nach Treu und Glauben ein Bedürfnis bestehen, weil der Dritte anderenfalls nicht ausreichend geschützt wäre (Schutzbedürfnis; vgl. zum Ganzen nur BGH, Urteil vom 17. November 2016 - III ZR 139/14, NJW-RR 2017, 888 Rn. 17 mwN).
(3) An der Leistungsnähe des einzelnen Wohnungseigentümers, dem Einbeziehungsinteresse der GdWE und der Erkennbarkeit und Zumutbarkeit für den Verwalter bestehen auch nach dem Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020 keine Zweifel. Nach wie vor betrifft das Verwalterhandeln vornehmlich die einzelnen Wohnungseigentümer, die Rechtsträger des der Verwaltung unterliegenden Gemeinschaftseigentums sind und typischerweise zudem auch mit ihrem Sondereigentum mit den Gefahren und Auswirkungen des Verwalterhandelns in Berührung kommen. Sie haften darüber hinaus für aus der Verwaltung der GdWE rührende Verbindlichkeiten, sei es unmittelbar gegenüber dem Gläubiger gemäß § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG oder mittelbar über die Jahresabrechnung gemäß § 28 Abs. 2 WEG. Dies ist für den Verwalter ebenso wie das Interesse der GdWE an der Einbeziehung ihrer Verbandsmitglieder in den Schutzbereich des Verwaltervertrages gleichermaßen erkennbar wie zumutbar.
(4) Die einzelnen Wohnungseigentümer sind jedoch nicht (mehr) schutzbedürftig.
(a) Das Erfordernis der Schutzbedürftigkeit wurzelt in dem Grundsatz von Treu und Glauben. Grund für die Ausdehnung des Vertragsschutzes auf eine Nicht-Vertragspartei ist, wie ausgeführt, der nicht für ausreichend erachtete gesetzliche Schutz des Dritten (vgl. Rn. 13). Folgerichtig ist der Dritte nicht schutzbedürftig, wenn sein Interesse bereits durch einen eigenen, dem vertraglichen Haftungsanspruch gleichwertigen Anspruch, wenn auch gegen einen anderen Schuldner, abgedeckt ist. Denn dann besteht keine Schutzlücke, die überwunden werden muss (vgl. BGH, Urteil vom 18. Februar 2014 - VI ZR 383/12, BGHZ 200, 188 Rn. 11; Urteil vom 15. Februar 1978 - VIII ZR 47/77, BGHZ 70, 327, 329 f.; BeckOGK/Mäsch, BGB [1.4.2024], § 328 Rn. 185; MüKoBGB/Gottwald, 9. Aufl., § 328 Rn. 192).
(b) So liegt es hier. Seit Inkrafttreten des WEMoG zum 1. Dezember 2020 ist die GdWE Schuldnerin des Anspruchs der einzelnen Wohnungseigentümer auf ordnungsmäßige Verwaltung aus § 18 Abs. 2 WEG. Dementsprechend haben die einzelnen Wohnungseigentümer eigene (Primär- wie Sekundär-) Ansprüche aus einem sie mit der GdWE verbindenden gesetzlichen Schuldverhältnis.
(aa) Nach dem Regelungsgefüge des Wohnungseigentumsgesetzes in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung oblag die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem (§ 20 Abs. 1 WEG aF), nicht jedoch der GdWE. Die GdWE war nicht als Entscheidungssubjekt im Rahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung (im Innenverhältnis) konzipiert, sondern lediglich als Mittel, eine solche Verwaltung nach außen durchzusetzen. Dies führte dazu, dass zwar sowohl der Verwalter als auch sonstige Dritte (Handwerker, Architekten etc.) mit der GdWE vertraglich verbunden waren. Für Schäden, die diese Personen im Zusammenhang mit der Verwaltung verursachten, haftete die GdWE den einzelnen Wohnungseigentümern jedoch nicht; denn mangels Zuständigkeit im Innenverhältnis musste sie sich das schädigende Verhalten nicht nach §§ 31, 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Daher bestand ein Schutzbedürfnis der Wohnungseigentümer (vgl. Senat, Urteil vom 13. Dezember 2019 - V ZR 43/19, NZM 2020, 611 Rn. 13 f.; Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 15 ff., 38 f.).
(bb) Mit Inkrafttreten des WEMoG hat sich ein Paradigmenwechsel vollzogen. Nach § 18 Abs. 1 WEG obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums nunmehr sowohl im Außenverhältnis als auch im Innenverhältnis ausschließlich der GdWE. Diese erfüllt die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe; internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter, der die Entscheidung umsetzt und dabei durch den Verwaltungsbeirat unterstützt wird (vgl. Senat, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 90/22, BGHZ 239, 1 Rn. 11; Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 263/21, NZM 2023, 249 Rn. 26). Verletzt die GdWE schuldhaft die ihr obliegenden Verwaltungspflichten, begründet dies folgerichtig einen eigenen Schadensersatzanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die GdWE, der sich regelmäßig aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 WEG ergibt (näher Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 165); hierbei muss sich die GdWE das Verhalten ihres Verwalters entsprechend § 31 BGB und das Verhalten ihrer Erfüllungsgehilfen gemäß § 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen (vgl. Senat, Urteil vom 16. Dezember 2022 - V ZR 263/21 aaO; s. zum Ganzen auch Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 215; Staudinger/Lehmann-Richter, WEG [2023], § 18 Rn. 6 ff., 181 ff.; Wobst, ZWE 2021, 17, 19).
(c) Dieser Anspruch ist auch gleichwertig.
(aa) Der Ersatzanspruch des Wohnungseigentümers gegen die GdWE nach § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 WEG knüpft an die gleichen anspruchsbegründenden Voraussetzungen wie ein aus dem Verwaltervertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeleiteter Haftungsanspruch an. Beide Ansprüche sind auf die vollständige Kompensation des Interesses des einzelnen Wohnungseigentümers gerichtet. Daran ändert sich auch nichts, wenn sich der geschädigte Wohnungseigentümer über die Jahresabrechnung gegebenenfalls anteilig an der Finanzierung seines eigenen Schadensersatzanspruchs beteiligen muss. Richtig ist zwar, dass es sich insoweit um Kosten der Verwaltung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG handelt, die, soweit keine abweichende Regelung getroffen wird, nach dem allgemeinen Kostenverteilungsschüssel umzulegen sind. Dies mindert aber nicht den Schadensersatzanspruch als solchen, sondern ist nur eine mittelbare Folge der Mitgliedschaft in dem Verband und der damit einhergehenden Pflicht zur Beteiligung an dessen Finanzierung. Regelmäßig wird zudem ein Regress der GdWE beim Verwalter angezeigt sein; dies wird gewöhnlich den Interessen sämtlicher - den Schadensersatzanspruch anteilig finanzierender - Wohnungseigentümer sowie dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Ein auf die Durchsetzung des Regressanspruches gerichteter Beschluss kann nötigenfalls mit einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG, die der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung dient (vgl. Senat, Urteil vom 16. September 2022 - V ZR 69/21, NJW 2023, 63 Rn. 8 mwN), herbeigeführt werden.
(bb) Auch prozessökonomische Erwägungen oder praktische Schwierigkeiten rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Dass der Wohnungseigentümer seinen Schaden gegenüber der GdWE geltend machen und die GdWE ihrerseits Regress bei dem Verwalter nehmen muss, ist der grundsätzlich vorrangigen Haftung innerhalb bestehender Sonderverbindungen geschuldet und der Beschränkung der Schutzwirkung eines Vertrages auf schutzbedürftige Personen zwecks Verhinderung einer uferlosen Ausdehnung des Kreises der in den Schutzbereich fallenden Personen immanent. Bejahte man dagegen sowohl einen Sekundäranspruch gegen die GdWE als auch gegen den Verwalter, wäre für den einzelnen Wohnungseigentümer unter Umständen schwer erkennbar, in welchem Verhältnis diese Ansprüche zueinander stünden und ob er gehalten sein könnte, vorrangig den einen oder den anderen Schuldner in Anspruch zu nehmen (vgl. Senat, Urteil vom 8. Juni 2018 - V ZR 125/17, BGHZ 219, 60 Rn. 30). Soweit die Revision darüber hinaus auf praktische Schwierigkeiten bei der Rechtsdurchsetzung verweist, sind diese - auch wenn die Vertretung der GdWE gegenüber dem noch amtierenden Verwalter in § 9b Abs. 2 WEG geregelt ist - zwar nicht von der Hand zu weisen (vgl. etwa Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 216 f.; Bärmann/Becker, WEG, 15. Aufl., § 27 Rn. 218). Gleichwohl bleibt es dabei, dass die Rechtsfigur des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, wie ausgeführt (vgl. Rn. 13), nur der Schließung von als nach Treu und Glauben untragbar anzusehender Schutzlücken dient, nicht aber der Erleichterung der Anspruchsdurchsetzung unter Praktikabilitätserwägungen (ebenso Bärmann/Dötsch, aaO Rn. 221; Staudinger/Jacoby, BGB [2023], § 26 WEG Rn. 29).
3. Schließlich stehen dem Kläger gegen die Beklagte auch keine gesetzlichen Ansprüche zu. Zwar bleibt der Verwalter dem einzelnen Wohnungseigentümer etwa weiterhin uneingeschränkt aus dem Deliktsrecht verpflichtet (vgl. Bärmann/Dötsch, WEG, 15. Aufl., § 18 Rn. 220; MüKoBGB/Skauradszun, 9. Aufl., § 27 WEG Rn. 56; Zschieschak in Jennißen, WEG, 8. Aufl., § 27 Rn. 272). Die Weigerung der Beklagten, die Auszahlung an den Kläger vorzunehmen, verletzt aber ersichtlich, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, weder ein Recht oder Rechtsgut des Klägers gemäß § 823 Abs. 1 BGB noch ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB.
4. Ein Anspruch des Klägers auf die geltend gemachten Prozesszinsen scheidet mangels Ersatzanspruchs ebenfalls aus.
III. 26 Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Brückner Grau Göbel Laube RiBGH Schmidt ist wegen Urlaubs an der elektronischen Signatur gehindert. Die Vorsitzende Brückner Vorinstanzen:
AG Chemnitz, Entscheidung vom 17.08.2023 - 15 C 381/23 LG Dresden, Entscheidung vom 16.02.2024 - 2 S 312/23 - Verkündet am 5. Juli 2024 Weschenfelder, Amtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle