9 W (pat) 21/15
BUNDESPATENTGERICHT W (pat) 21/15 Verkündet am 23. April 2018
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BESCHLUSS In der Beschwerdesache betreffend die durch Teilung von der Patentanmeldung 10 2006 062 895.0 im Beschwerdeverfahren abgetrennte Patentanmeldung 10 2006 063 064.5 …
hat der 9. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die am 23. April 2018 fortgesetzte mündliche Verhandlung unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Dipl.-Ing. Hilber, der Richter Paetzold, Sandkämper und Dr.-Ing. Baumgart ECLI:DE:BPatG:2018:230418B9Wpat21.15.0 beschlossen:
Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 41 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 2015 wird aufgehoben, soweit er die durch die Teilungserklärung vom 12. Dezember 2017 abgetrennte Teilanmeldung 10 2006 063 064.5 betrifft.
Die Teilanmeldung 10 2006 063 064.5 wird zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.
Gründe I.
Die Beschwerdeführerin ist Anmelderin der beim Deutschen Patent- und Markenamt mit dem Aktenzeichen 10 2006 062 895.0 geführten Patentanmeldung mit der Bezeichnung
„Druckmaterialbehälter und Platine, die am Druckmaterialbehälter montiert ist“,
die als Trennanmeldung durch Teilungserklärung vom 22. März 2010 aus der Stammanmeldung 10 2006 060 705.8 mit dem Anmeldetag 21. Dezember 2006 hervorgegangen ist; diese nimmt die Prioritäten der Japanischen Anmeldung Nr. 2005-372028 vom 26. Dezember 2005 und der Japanischen Anmeldung Nr. 2006-220751 vom 11. August 2006 in Anspruch.
Die Anmeldung 10 2006 062 895 ist mit dem am Ende der Anhörung am 27. April 2015 von der Prüfungsstelle für Klasse B 41 J verkündeten Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts gemäß § 48 PatG zurückgewiesen worden; lt. der – aufgrund Niederlegung im Abholfach dem Vertreter am 11. Mai 2015 zugestellten – Beschlussbegründung genügt die Anmeldung nicht den Anforderungen des § 38 PatG, weil der Gegenstand der Anmeldung im für die Erteilung beantragten Umfang unzulässig erweitert sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die beim Deutschen Patent- und Markenamt am 11. Juni 2015 eingegangene Beschwerde der Anmelderin mit Schriftsatz vom selben Tag.
Nach der Terminsladung vom 31. August 2017 zur mündlichen Verhandlung am 13. Dezember 2017 in dieser Sache hat die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 zunächst als Hauptantrag einen Satz geänderter Patentansprüche vorlegt, und am 12. Dezember 2017 – gemäß Schriftsatz vom selben Tag, eingegangen per Fax beim Gericht – die Teilung der Patentanmeldung 10 2006 062 895.0 erklärt.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Senat am 13. Dezember 2017 mit der Beschwerdeführerin die Sach- und Rechtslage erörtert und die Fortsetzung der Verhandlung beschlossen; mit der Terminsladung vom 15. Dezember 2017 wurde die mündliche Verhandlung auf den 23. April 2018 vertagt.
Im Wege der Amtshilfe hat das Deutsche Patent- und Markenamt für die Teilanmeldung die Trennakte mit dem amtlichen Aktenzeichen 10 2006 063 064.5 angelegt. Für diese Anmeldung hat die Beschwerdeführerin beim Deutschen Patentund Markenamt am 8. März 2018 vollständige Unterlagen (Antrag auf Erteilung eines Patents, Zusammenfassung, Patentansprüche 1 bis 32, Beschreibung Seiten 1 bis 59, Zeichnungen, Figuren 1 bis 24, Prüfungsantrag) eingereicht und die anfallenden Gebühren entrichtet.
Nachdem die Beschwerdeführerin im Rahmen der am 23. April 2018 fortgesetzten Verhandlung vom Senat darauf hingewiesen wurde, dass die mündliche Verhandlung in der Beschwerde auch die Teilanmeldung 10 2006 063 064.5 betrifft, erklärte die Beschwerdeführerin in der fortgesetzten Verhandlung zur Stammanmeldung 10 2006 062 895.0 nach Verkündung des die Teilanmeldung betreffenden Teilbeschlusses die Rücknahme der Beschwerde, soweit diese die Stammanmeldung betrifft.
Wegen der unterschiedlichen Fassungen der Hauptansprüche (Patentanspruch 1) jeweils – wie dem Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 41 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 2015 zugrunde liegend bzw. wie zur Teilanmeldung 10 2006 063 064.5 vom 8. März oder zuletzt mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2017 noch zur Beschwerdeakte im Hinblick auf die zunächst beabsichtigte Weiterverfolgung der Stammanmeldung 10 2006 062 895.0 im Beschwerdeverfahren hier eingereicht – wird auf die beim Deutschen Patent- und Markenamt elektronisch mit dem Aktenzeichen 10 2006 062 895.0 geführte Akte bzw. die entsprechenden Bestandteile der Gerichtsakte hingewiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des Beschlusses der Prüfungsstelle für Klasse B 41 J des Deutschen Patent- und Markenamts vom 27. April 2015, soweit er die durch die Teilungserklärung vom 12. Dezember 2017 abgetrennte Teilanmeldung betrifft und zur Zurückverweisung der vorliegenden Teilanmeldung 10 2006 063 064.5 an das Deutsche Patent- und Markenamt (§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 3 PatG) zur weiteren Prüfung.
2. Der Senat ist für die Behandlung der vorliegenden Teilanmeldung zuständig. Die Anmelderin hat die Teilung der Anmeldung im Laufe des Beschwerdeverfahrens zur Anmeldung 10 2006 062 895.0 erklärt. Dies hat zur Folge, dass anstelle der bisherigen, einzigen Anmeldung zwei Anmeldungen (nämlich die Stammanmeldung 10 2006 062 895.0 und die Teilanmeldung 10 2006 063 064.5) vor dem Bundespatentgericht anhängig werden. Durch die Teilungserklärung erhält das Bundespatentgericht die Entscheidungskompetenz auch über die neue Teilanmeldung, weil deren Gegenstand mit der Beschwerde in der Beschwerdeinstanz angefallen ist (Schulte, PatG, 10. Aufl., § 39 Rn. 62 m. w. N.; Busse, PatG, 8. Aufl., § 39 Rn. 27).
3. Die erklärte Teilung ist wirksam. Die Anmelderin hat innerhalb der Frist des § 39 PatG die erforderlichen Unterlagen für die Teilanmeldung eingereicht und die Gebühren entrichtet.
4. Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse B 41 J war in dem im Beschlusstenor dargelegten Umfang aufzuheben und die Teilanmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Mit der Teilanmeldung ist deren Schutzbegehren ausweislich der – prima facie – geänderten Fassung des Hauptanspruchs auf einen durch andere bzw. weitere Merkmale näher bestimmten Gegenstand gerichtet. Mithin wird vorliegend bereits eine erstmalige, jedenfalls erneute bzw. erweiterte Prüfung auf Erfüllung der Anforderungen der §§ 34 und 38 PatG bei der Teilanmeldung notwendig. Die Teilanmeldung ist auch im Übrigen noch nicht entscheidungsreif, weil sich der Beschluss der Prüfungsstelle – insoweit ausreichend – allein in der Begründung der unzulässigen Erweiterung des Gegenstands der Anmeldung aufgrund der im Anmeldeverfahren für die Erteilung zuletzt antragsgemäß zugrundeliegenden Fassung des Hauptanspruchs erschöpft, während die Frage der Neuheit und des Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit gegenüber den von der Prüfungsstelle zur Dokumentation des Standes der Technik zwar in das Verfahren – durch bloße Benennung – eingeführten Druckschriften ausdrücklich dahingestellt geblieben ist. Mithin fehlt eine im Hinblick auf den Gegenstand nach dem Hauptanspruch der Teilanmeldung ansonsten ggf. berücksichtigungsfähige Sachentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts.
Weil somit eine neue Sachaufklärung und eine ausreichend umfängliche Prüfung in der Sache aufgrund einer neuen Tatsache – hier eines auf einen anderen Gegenstand gerichteten Patentanspruchs – erforderlich wird, ist der Beschluss der Prüfungsstelle, soweit er die durch die Teilungserklärung vom 12. Dezember 2017 abgetrennte Teilanmeldung betrifft, im Rahmen der Ermessensausübung nach § 79 Abs. 3 PatG aufzuheben und die Teilanmeldung zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.
Rechtsmittelbelehrung Gegen diesen Beschluss steht den am Beschwerdeverfahren Beteiligten das Rechtsmittel der Rechtsbeschwerde zu. Da der Senat die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, ist sie nur statthaft, wenn sie auf einen der nachfolgenden Gründe gestützt wird, nämlich dass
1. das beschließende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war, 2. bei dem Beschluss ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramtes kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war, 3. einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war, 4. ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern er nicht der Führung des Verfahrens ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat, 5. der Beschluss aufgrund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder 6. der Beschluss nicht mit Gründen versehen ist.
Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Bundesgerichtshof, Herrenstr. 45 a, 76133 Karlsruhe, durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten schriftlich einzulegen.
Hilber Paetzold Sandkämper Baumgart Ko