VIII ZR 97/20
BUNDESGERICHTSHOF VIII ZR 97/20 BESCHLUSS vom 9. November 2021 in dem Rechtsstreit ECLI:DE:BGH:2021:091121BVIIIZR97.20.0 Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 9. November 2021 durch die Richterin Dr. Fetzer als Vorsitzende, den Richter Kosziol und die Richterinnen Dr. Liebert, Wiegand und Dr. Matussek beschlossen:
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 2. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 27. Februar 2020 wird zurückgewiesen, weil weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Insbesondere ist entgegen der Auffassung der Beschwerde eine Zulassung der Revision nicht deshalb geboten, weil dem Gerichtshof der Europäischen Union im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 267 AEUV die Frage zur Klärung vorzulegen wäre, ob das nationale Gericht in einem Zivilrechtsstreit über die Vollziehung eines privatrechtlichen Vertrags dem Klageantrag auch dann stattzugeben hätte, wenn es sich bei dem Vertrag um eine (bislang bei der Kommission nicht angemeldete) Beihilferegelung handelte und die auf dieser Grundlage zu gewährenden Einzelbeihilfen bislang noch nicht gewährt worden wären. Denn das Berufungsgericht hat ohne zulassungsrelevanten Rechtsfehler aufgrund der von ihm im Einzelnen angeführten, wirtschaftlich zum Vorteil der Klägerin wirkenden Vertragskonditionen (asymmetrische Gestaltung der abgeschlossenen Verträge) nicht das Vorliegen einer bloßen Beihilferegelung, sondern die Gewährung einer Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV bejaht. Die von der Nichtzulassungsbeschwerde formulierte Frage ist damit für den vorliegenden Rechtsstreit nicht entscheidungserheblich und somit nicht klärungsbedürftig.
Die von der Kommission in ihrer Stellungnahme in dem Verfahren C-505/14 vertretene Auffassung, wonach eine bloße Beihilferegelung vorliegt, hinderte das Berufungsgericht nicht an einer abweichenden Einschätzung. Das genannte Verfahren wurde aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des erstinstanzlichen Gerichts im hiesigen Verfahren zur Klärung einer Rechtskraftdurchbrechung im Falle einer im Vorprozess nicht berücksichtigten Beihilfe im Sinne der Art. 107 Abs. 1, Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV betrieben. Dabei ist der Gerichtshof der Europäischen Union in dem genannten Verfahren der Beurteilung der Kommission nicht gefolgt, sondern hat - auch wenn er das Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 AEUV nicht eigenständig geprüft hat - unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass das vorlegende Gericht im Einklang mit der ihm übertragenen (und vom Gerichtshof im Einzelnen beschriebenen) Aufgabe festgestellt habe, dass die streitigen Verträge mit der Gewährung einer staatlichen Beihilfe verbunden sind, die unter Verstoß gegen Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV durchgeführt wurde (Urteil vom 11. November 2015 - C-505/14, juris Rn. 22 ff.). Das Berufungsgericht hat sich nach eigener Prüfung der vom Gerichtshof nicht beanstandeten Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts angeschlossen.
Ohne Erfolg rügt die Nichtzulassungsbeschwerde weiter, eine Zulassung der Revision sei zumindest deswegen erforderlich, weil eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union im Hinblick darauf geboten sei, dass das Berufungsgericht bei der Bejahung einer Beihilfegewährung im Sinne des Art. 107 Abs. 1 AEUV von dem durch den Gerichtshof geprägten Begriff der Begünstigung abweiche, indem es bei unterstellter Marktüblichkeit der Kaufpreise allein wegen der asymmetrischen Vertragsgestaltung eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV bejahe. Die Nichtzulassungsbeschwerde hat damit aber nicht eine weitere Klärungsbedürftigkeit, sondern eine Divergenz geltend gemacht. Eine solche hat sie allerdings in Anbetracht der vom Berufungsgericht berücksichtigten Rechtsprechung des Gerichtshofs (vgl. ergänzend auch EuGH, Urteile vom 4. März 2021 - C-362/19 P, juris Rn. 58 ff. mwN; vom 28. Februar 2012 - T-268/08, juris Rn. 47 f. mwN) nicht hinreichend dargelegt. Insbesondere ist nicht die Aufstellung eines abweichenden abstrakten Rechtssatzes zu erkennen.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 97 Abs. 1 ZPO).
-5Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 30 Mio. €.
Dr. Fetzer Wiegand Kosziol Dr. Liebert Dr. Matussek Vorinstanzen: LG Münster, Entscheidung vom 21.06.2018 - 11 O 334/12 OLG Hamm, Entscheidung vom 27.02.2020 - I-2 U 131/18 -