1 StR 110/24
BUNDESGERICHTSHOF StR 110/24 BESCHLUSS vom 25. Juli 2024 in der Strafsache gegen wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.
ECLI:DE:BGH:2024:250724B1STR110.24.0 Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat nach Anhörung des Beschwerdeführers und des Generalbundesanwalts am 25. Juli 2024 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO sowie entsprechend § 354 Abs. 1 StPO beschlossen:
1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 20. November 2023 wird mit der Maßgabe als unbegründet verworfen, dass der Angeklagte des Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Besitz von mehr als 60 Gramm Cannabis und mit Anbau von mehr als drei lebenden Cannabispflanzen schuldig ist.
2. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe: 1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und vier Monaten verurteilt, weil er am 3. August 2018 17,52 Gramm Heroin mit einer Wirkstoffmenge von 9,84 Gramm Heroinhydrochlorid, 2 Gramm Kokaingemisch mit einer Wirkstoffmenge von 1,4 Gramm Kokainhydrochlorid, 188 Cannabispflanzen mit einem Gesamtgewicht von 95,90 Gramm und einer Wirkstoffmenge von 1,34 Gramm Tetrahydrocannabinol (THC) sowie 631,30 Gramm Marihuana mit einer Wirkstoffmenge von 21,54 Gramm THC zu eigenen Konsumzwecken in seinem Besitz hatte.
Die auf die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten führt nur zu einer Schuldspruchänderung (§ 349 Abs. 4 StPO) und ist sonst unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
1. a) Soweit die Strafkammer den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt hat, ist der Schuldspruch rechtsfehlerfrei, weil das von ihm aufbewahrte Heroin einen Wirkstoffgehalt von 9,84 Gramm Heroinhydrochlorid und damit das 6,56-fache der nicht geringen Menge aufwies.
b) Da der Angeklagte jedoch darüber hinaus mehr als drei Cannabispflanzen anbaute und mehr als 60 Gramm Marihuana in seinem Besitz hatte, war der Schuldspruch wegen des am 1. April 2024 in Kraft getretenen Gesetzes zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 27. März 2024 zu ergänzen (§ 2 Abs. 3 StGB iVm § 354a StPO; § 34 Abs. 1 Nr. 1b und c, § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 1 Nr. 4 und Nr. 8 KCanG; BGH, Beschlüsse vom 23. April 2024 – 5 StR 153/24 Rn. 3 und vom 18. April 2024 – 1 StR 106/24 Rn. 4 f.).
aa) Bei dem vom Angeklagten aufbewahrten Marihuana handelt es sich um Cannabis im Sinne des § 1 Nr. 8 KCanG, dessen Besitz auch nach neuer Rechtslage grundsätzlich verboten ist (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 KCanG). Ausnahmsweise ist einer Person, die das 18. Lebensjahr vollendet hat, jedoch der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial bezogen auf das Trockengewicht, zum Eigenkonsum erlaubt (§ 3 Abs. 1 KCanG). Übt die Person den Besitz an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus, ist abweichend von § 3 Abs. 1 KCanG der Besitz von bis zu 50 Gramm Cannabis, bei Blüten, blütennahen Blättern oder sonstigem Pflanzenmaterial bezogen auf das Trockengewicht, und von bis zu drei lebenden Cannabispflanzen erlaubt (§ 3 Abs. 2 KCanG). Der Besitz von mehr als 60 Gramm Cannabis ist gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1b KCanG strafbar.
Da der Angeklagte nach den landgerichtlichen Feststellungen Marihuana mit einem Gesamtgewicht von 631,30 Gramm aufbewahrte, ist er des Besitzes von mehr als 60 Gramm Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1b KCanG schuldig. Dieser steht in Tateinheit zum Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, da für die konkurrenzrechtliche Beurteilung auf die bisherige Rechtslage abzustellen ist (BGH, Beschluss vom 18. April 2024 – 1 StR 106/24 Rn. 5). Aufgrund des Wirkstoffgehalts von 21,54 Gramm THC ist von einer nicht geringen Menge Cannabis auszugehen, da der Grenzwert auch nach neuer Rechtslage unverändert bei 7,5 Gramm THC liegt (BGH, Beschluss vom 18. April 2024 – 1 StR 106/24 Rn. 7). Der Besitz einer nicht geringen Menge kann einen besonders schweren Fall des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG begründen, was jedoch aufgrund der Ausgestaltung als Regelbeispiel im Schuldspruch nicht zum Ausdruck zu bringen ist (BGH, Beschluss vom 3. Februar 2015 – 3 StR 632/14).
bb) Bei den sichergestellten lebenden Cannabispflanzen handelt es sich ebenfalls um Cannabis im Sinne des Konsumcannabisgesetzes (§ 1 Nr. 8 KCanG). Sowohl der Besitz als auch der Anbau sind grundsätzlich verboten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KCanG). Von diesem Verbot ausgenommen sind für Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt der Besitz und der private Eigenanbau von bis zu drei Cannabispflanzen (§ 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 iVm § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KCanG, § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 iVm § 9 KCanG). Die Auslegung des Begriffs „Anbau“ im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes soll auch im Konsumcannabisgesetz gelten (BT- Drucks. 20/8704, S. 94, 130). Demnach umfasst der Anbau sämtliche gärtnerische oder landwirtschaftliche Bemühungen, um Wachstum von Cannabispflanzen zu erzielen (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2023 – 6 StR 107/23; Beschluss vom 17. Juni 2024 – 4 StR 187/24 Rn. 6).
2. Der Strafausspruch kann bestehen bleiben.
a) Da die vom – später flüchtigen – Angeklagten verwirklichten Straftatbestände zueinander in Tateinheit stehen, ist die Strafe unverändert dem im Vergleich zu § 34 Abs. 1 und Abs. 3 KCanG höheren Strafrahmen des § 29a Abs. 1 BtMG zu entnehmen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB). Der Senat schließt aus, dass die Strafkammer ausgehend von den bisherigen Erwägungen bei alleiniger Berücksichtigung des aufbewahrten Heroins und Kokains einen minder schweren Fall gemäß § 29a Abs. 2 BtMG angenommen hätte. Denn während sie gerade dem Umstand, dass es sich bei Heroin um eine harte Droge handelt, sowie dem hier die Grenze zur nicht geringen Menge um ein Vielfaches übersteigenden Wirkstoffgehalt einen besonderen Unwert beigemessen hat, hat sie betont, dass es sich bei Marihuana um eine weiche Droge handele, von der nur eine relativ geringe Gefahr für die Volksgesundheit ausgehe.
b) Da die Strafkammer bei der Strafzumessung im Engeren auf dieselben Kriterien abgestellt hat, ist auch auszuschließen, dass bei Berücksichtigung der neuen Rechtslage eine niedrigere Strafe verhängt worden wäre.
Fischer Wimmer Leplow Allgayer Welnhofer-Zeitler Vorinstanz: Landgericht Landshut, 20.11.2023 - 6 KLs 504 Js 27238/18