Paragraphen in IV ZR 421/22
Sortiert nach der Häufigkeit
Häufigkeit | Paragraph | |
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6 | 5 | VVG |
2 | 242 | BGB |
1 | 562 | ZPO |
1 | 563 | ZPO |
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2 | 242 | BGB |
6 | 5 | VVG |
1 | 562 | ZPO |
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BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IV ZR 421/22 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 26. Juni 2024 Heinekamp Amtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:260624UIVZR421.22.0 Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Karczewski, die Richterinnen Harsdorf-Gebhardt, Dr. Brockmöller, Dr. Bußmann und den Richter Dr. Bommel im schriftlichen Verfahren mit Schriftsatzfrist bis zum 5. Juni 2024 für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 29. September 2022 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 5.126,34 € festgesetzt.
Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Lebensversicherungsvertrages.
Dieser Vertrag wurde auf Antrag des Klägers im sogenannten Policenmodell gemäß § 5a VVG in der seinerzeit maßgeblichen Fassung mit Versicherungsbeginn zum 1. November 1999 abgeschlossen. Auf der letzten Seite des Versicherungsscheins sowie im Leitblatt Verbraucherinformation, die dem Kläger nach den Feststellungen des Berufungsgerichts übersandt wurden, findet sich - mit leichten, inhaltlich nicht relevanten Abweichungen bei der Zeichensetzung - jeweils folgende Belehrung:
"Sie können dem Versicherungsvertrag ab Stellung des Antrags bis zum Ablauf von 14 Tagen nach Zugang des Versicherungsscheins ... der Versicherungsbedingungen und der übrigen Verbraucherinformationen widersprechen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs." Der Kläger zahlte fortan die Beiträge und kündigte den Vertrag zum 1. Oktober 2010, worauf ihm die Beklagte einen Rückkaufswert auszahlte. Mit Schreiben vom 16. Juni 2020 erklärte der Kläger den Widerspruch gegen den Vertragsschluss. Die Beklagte lehnte die Rückabwicklung des Vertrages und weitere Zahlungen ab.
Mit der Klage verlangt der Kläger die Rückzahlung aller auf den Vertrag geleisteten Beiträge abzüglich kalkulatorischer Risikokosten und des erhaltenen Rückkaufswerts sowie die Herausgabe von Nutzungen nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat bereicherungsrechtliche Ansprüche des Klägers verneint. Zwar sei die Widerspruchsbelehrung fehlerhaft, weil sie nicht auf die nach § 5a VVG in der bis zum 31. Juli 2001 geltenden Fassung erforderliche Schriftform hinweise. Durch die fehlerhafte Belehrung sei der Kläger aber im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht maßgeblich an der Ausübung seines Widerspruchsrechts gehindert gewesen, so dass die Widerspruchsfrist im Zeitpunkt der Erklärung des Widerspruchs schon lange abgelaufen gewesen sei.
II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche können dem Kläger mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung nicht versagt werden.
1. Das Berufungsgericht hat allerdings ohne Rechtsfehler festgestellt, dass die Beklagte den Kläger nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 5a Abs. 2 Satz 1 VVG a.F. über das Widerspruchsrecht belehrte. Die Widerspruchsbelehrung enthielt keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der ab 29. Juli 1994 gültigen Fassung erforderliche Schriftform des Widerspruchs. Dieses Formerfordernis konnte der Kläger nicht aus der Formulierung entnehmen, dass zur Wahrung der Frist die rechtzeitige Absendung des Widerspruchs genüge (vgl. Senatsurteile vom 15. März 2023 - IV ZR 40/21, VersR 2023, 631 Rn. 10; vom 29. Juli 2015 - IV ZR 448/14, VersR 2015, 1104 Rn. 24; jeweils m.w.N.).
2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, einem fortbestehenden Widerspruchsrecht stehe entgegen, dass der vorgenannte Belehrungsfehler nicht geeignet gewesen sei, den Kläger von der Erklärung eines fristgerechten Widerspruchs abzuhalten.
a) Wie der Senat nach Erlass der Berufungsentscheidung mit Urteil vom 15. Februar 2023 (IV ZR 353/21, BGHZ 236, 163 Rn. 13 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat, ist ein Bereicherungsanspruch nach § 242 BGB wegen rechtsmissbräuchlicher Ausübung des Widerspruchsrechts ausgeschlossen, wenn dem Versicherungsnehmer durch eine fehlerhafte Information in der Widerspruchsbelehrung nicht die Möglichkeit genommen wird, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Unter diesen (engen) Voraussetzungen liegt ein geringfügiger Belehrungsfehler vor, der einer Ausübung des Widerspruchsrechts nach § 242 BGB entgegensteht.
b) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wurde dem Kläger durch den fehlenden Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG in der ab 29. Juli 1994 gültigen Fassung erforderliche Schriftform des Widerspruchs die Möglichkeit genommen, sein Widerspruchsrecht im Wesentlichen unter denselben Bedingungen wie bei zutreffender Belehrung auszuüben. Wie der Senat ebenfalls nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 15. März 2023 (IV ZR 40/21, VersR 2023, 631 Rn. 13 ff.) entschieden und im Einzelnen begründet hat, liegt kein geringfügiger Belehrungsfehler im oben genannten Sinne vor, wenn eine Widerspruchsbelehrung keinen Hinweis auf die nach § 5a Abs. 1 Satz 1 VVG a.F. erforderliche Form (hier: Schriftform) enthielt. Allein dem in der Belehrung enthaltenen Hinweis, dass zur Wahrung der Frist rechtzeitiges Absenden der Widerspruchserklärung genüge, wird der Versicherungsnehmer nicht entnehmen, dass ein Widerspruch in Schriftform erforderlich ist. Vielmehr wird er - anders als das Berufungsgericht meint - annehmen, dass ein formloser Widerspruch ebenfalls genügt (vgl. Senatsurteil vom 15. März 2023 aaO Rn. 16 ff.).
III. Daher ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung sowie zur weiteren Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Prof. Dr. Karczewski Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller Dr. Bußmann Dr. Bommel Vorinstanzen: LG Limburg, Entscheidung vom 18.01.2022 - 2 O 57/21 OLG Frankfurt am Main, Entscheidung vom 29.09.2022 - 3 U 45/22 -
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Häufigkeit | Paragraph | |
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6 | 5 | VVG |
2 | 242 | BGB |
1 | 562 | ZPO |
1 | 563 | ZPO |
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2 | 242 | BGB |
6 | 5 | VVG |
1 | 562 | ZPO |
1 | 563 | ZPO |
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