XI ZR 40/23
BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES XI ZR 40/23 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 9. Juli 2024 Schwaninger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ECLI:DE:BGH:2024:090724UXIZR40.23.0 Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 9. Juli 2024 durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Ellenberger, die Richter Dr. Matthias, Dr. Schild von Spannenberg und Dr. Sturm sowie die Richterin Ettl für Recht erkannt:
Die Revision des Musterklägers gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Naumburg vom 8. Februar 2023 in der Fassung des Beschlusses vom 23. März 2023 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Musterkläger, ein seit über vier Jahren als qualifizierte Einrichtung in die Liste nach § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, begehrt im Wege der Musterfeststellungsklage Feststellungen zu den Voraussetzungen für das Bestehen von Ansprüchen von Verbrauchern auf weitere Zinsbeträge aus Prämiensparverträgen (sog. "S-Prämiensparen flexibel", nachfolgend: Sparverträge) gegen die Musterbeklagte. 2 Die Musterbeklagte bzw. deren Rechtsvorgänger (nachfolgend einheitlich: Musterbeklagte) schloss ab dem Jahr 1993 bis Anfang 2006 mit Verbrauchern Sparverträge ab, die eine variable Verzinsung der Spareinlage und ab dem dritten Sparjahr eine der Höhe nach - bis zu 50% der jährlichen Spareinlage ab dem 15. Sparjahr - gestaffelte verzinsliche Prämie vorsahen. Die Vertragsformulare enthielten keine konkreten Bestimmungen zur Änderung des variablen Zinssatzes.
Der Musterkläger hält die Regelungen zur Änderung des variablen Zinssatzes für unwirksam und die während der Laufzeit der Sparverträge von der Musterbeklagten vorgenommene Verzinsung für zu niedrig.
Mit der Musterfeststellungsklage möchte der Musterkläger - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - festgestellt wissen, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung auf der Grundlage von gleitenden Durchschnittswerten der letzten zehn Jahre der Umlaufsrenditen inländischer Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren (ehemalige Zeitreihe WX4260 der Deutschen Bundesbank) (Feststellungsziel III.2.a)), hilfsweise auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssatzes oder hilfsweise auf der Grundlage eines Referenzmischzinssatzes vorzunehmen, welcher auf von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken erhobenen Referenzzinssätzen beruht (Feststellungsziel III.2.b)), hilfsweise auf der Grundlage des gleitenden Durchschnitts eines angemessenen in öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Referenzzinssatzes (Feststellungsziel III.2.c)), hilfsweise auf der Grundlage der Werte einer von der Deutschen Bundesbank für inländische Banken veröffentlichten oder in sonstigen öffentlich zugänglichen Medien abgebildeten Zinssatzreihe oder hilfsweise hierzu, einer bestimmten Mischung verschiedener solcher Zinssatzreihen (Feststellungsziel III.2.d)) vorzunehmen. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass die Musterbeklagte bei der Zinsanpassung in den Sparverträgen das relative Verhältnis zu wahren hat, das zwischen dem anfänglich vereinbarten variablen Zinssatz und dem Referenzzinssatz im Zeitpunkt des Vertragsschlusses besteht, und dass ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen ist (Feststellungsziel III.5.a)).
Das Oberlandesgericht hat hinsichtlich des Feststellungsziels III.2.d) nach Hinzuziehung eines Sachverständigen festgestellt, dass die Musterbeklagte verpflichtet ist, die Zinsanpassung auf der Grundlage der Umlaufsrenditen börsennotierter Bundesanleihen mit einer Restlaufzeit von über 8 bis 15 Jahren (Zeitreihe der Deutschen Bundesbank: Umlaufsrenditen inländischer Inhaberschuldverschreibungen / Börsennotierte Bundeswertpapiere / RLZ von über 8 bis 15 Jahren / Monatswerte, ehemalige Kennung WU9554) vorzunehmen. Bezüglich des Feststellungsziels III.5.a) hat es festgestellt, dass die Musterbeklagte bei der Zinsanpassung in den Sparverträgen den relativen Zinsabstand zu wahren hat.
Mit der Revision verfolgt der Musterkläger sein Begehren hinsichtlich der Feststellungsziele III.2. und III.5.a) weiter, soweit das Oberlandesgericht zu seinem Nachteil erkannt hat.
Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.
I.
Das Oberlandesgericht hat zur Begründung seiner u.a. in WM 2023, 768 veröffentlichten Entscheidung - soweit für die Revision von Bedeutung - im Wesentlichen ausgeführt:
Nach der im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung gebotenen exante-Betrachtung kämen als Referenzzins nur Zeitreihen in Betracht, die zu dem Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse bereits veröffentlicht gewesen seien. Die Bestimmung des gleitenden Durchschnitts der in den Feststellungszielen III.2.a) bis c) genannten Zinssätze komme deshalb nicht in Betracht, weil sich der Referenzzins, auf dessen Grundlage die Zinsanpassung zu erfolgen habe, nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs unmittelbar aus einer veröffentlichten Zinsreihe ergeben müsse. Gleitende Durchschnitte würden erst seit dem Jahr 2010 von der Bundesbank veröffentlicht. Zudem lasse es sich nicht mit dem Transparenzprinzip vereinbaren und liege fern, dass die Parteien einen nicht veröffentlichten gleitenden Durchschnitt eines Zinses vereinbart hätten, den der Kunde erst aufwändig ermitteln müsse. Zudem entsprächen gleitende Durchschnitte als Referenzzins nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen weder dem Interesse des Sparers noch dem der Banken. Sie hätten den Nachteil, mit veralteten, historischen Zinssätzen zu arbeiten, die einem Festzins gleichkämen und zu großen Abweichungen von den Marktgegebenheiten führen könnten.
Die börsennotierten Bundeswertpapiere seien mit den Sparverträgen am besten vergleichbar und daher der von dem Musterkläger vorgeschlagenen auf Pfandbriefrenditen basierenden Zeitreihe WX4260 vorzuziehen. Dem "verobjektivierten Willen" der Parteien entspreche es, als Referenzzins für die Zinsanpassung die Rendite eines solchen Finanzprodukts zu verwenden, das den gleichen Sicherheitsgrad wie Spareinlagen habe. Da Spareinlagen nahezu kein Ausfallrisiko hätten, müsse der Referenzzins ebenfalls "ausfallrisikolos" sein. Spareinlagen, die, wie hier, der Einlagensicherung unterlägen, entsprächen, was den Sicherheitsgrad betreffe, am ehesten den Staatsanleihen.
Bei Hypothekenpfandbriefen hafteten zwar zusätzlich zur Bank und den Kreditnehmern auch nach strengen Regeln erworbene Grundpfandrechte. Diese könnten aber auf Grundstücken innerhalb und außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes und auch auf Schiffen oder Flugzeugen lasten. Dementsprechend sei die Sicherheit vergleichsweise höher oder niedriger und liege im Regelfall zwischen einfachen Bankschuldverschreibungen und Staatsanleihen in der Nähe der Staatsanleihen. Vor allem in Krisenzeiten wirke sich das vergleichsweise höhere Risiko der Hypothekenpfandbriefe aus. Die Renditen der Pfandbriefreihe lägen über jenen der sicheren Bundesanleihen.
Bei den börsennotierten Bundeswertpapieren sei die Zeitreihe mit 8 bis 15-jährigen Restlaufzeiten die langfristigste der seit Anfang der 1990er Jahre verfügbaren Zeitreihen. Sie habe eine Durchschnittslaufzeit von etwa 12 Jahren, spiegele den langfristigen Kapitalmarkt in der breitesten Zusammensetzung wider und komme der typisierten Laufzeit von 15 Jahren am nächsten.
Das Feststellungsziel III.5.a) sei begründet. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung sei davon auszugehen, dass bei den Zinsanpassungen der anfängliche relative Abstand des Vertragszinses zum Referenzzinssatz beizubehalten sei.
II.
Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision des Musterklägers zurückzuweisen ist. Auf die Musterfeststellungsklage sind gemäß § 46 EGZPO die §§ 606 bis 614 ZPO in der bis einschließlich 12. Oktober 2023 geltenden Fassung (nachfolgend: aF) anzuwenden, weil die Klage vor dem 13. Oktober 2023 anhängig gemacht worden ist.
1. Die Revision ist zulässig.
a) Die Revision ist gemäß § 614 ZPO aF kraft Gesetzes zugelassen und bedarf damit keiner Zulassung durch das Oberlandesgericht oder durch den Senat (BGH, Urteil vom 30. März 2023 - VII ZR 10/22, WM 2023, 919 Rn. 14 ff.).
Die vom Musterkläger vorsorglich erhobene Nichtzulassungsbeschwerde ist somit gegenstandslos (Senatsurteil vom 22. November 2016 - XI ZR 434/15, BGHZ 213, 52 Rn. 6).
b) Entgegen der Ansicht der Musterbeklagten ist die Revision bezüglich des Feststellungsziels III.5.a) in der gesetzlichen Form des § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO ordnungsgemäß begründet worden. Der Musterkläger macht insoweit geltend, dass die Entscheidung über die teilweise Zurückweisung dieses Feststellungsziels insoweit keine Begründung enthalte, als der beantragten Feststellung, bei den Zinsanpassungen sei ein negativer vertraglicher Zinssatz ausgeschlossen, nicht entsprochen worden sei. Das genügt für eine ordnungsgemäße Darlegung. Ausführungen dazu, aus welchen Gründen es zu einem negativen Vertragszins kommen kann, sind nicht erforderlich.
2. Der Musterkläger hat entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung seine Klage in der Revisionsinstanz auch nicht in unzulässiger Weise geändert. Er hat zum Feststellungsziel III.2.d) in der Revisionsinstanz zwar beantragt, festzustellen, dass die Musterbeklagte nach ergänzender Vertragsauslegung verpflichtet sei, die Zinsanpassung in den Sparverträgen auf der Grundlage der Zinsreihe WX4260 der Deutschen Bundesbank vorzunehmen, hilfsweise den Rechtsstreit zur neuen Verhandlung, Entscheidung und insbesondere zur erneuten Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung an das Oberlandesgericht zurückzuverweisen. Damit hat er aber seine im Musterverfahren erstinstanzlich mit den Feststellungszielen III.2.a) bis d) bereits gestellten Anträge im Ergebnis nicht geändert, sondern lediglich verdeutlicht, dass er bei der vom Gericht vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung bezüglich des zu bestimmenden Referenzzinses die Zeitreihe WX4260 präferiert. Dieses Begehren ist nicht neu, sondern war bereits in erster Instanz Gegenstand des Feststellungsziels III.2. Der Antrag, mit dem der Musterkläger hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung und "insbesondere zur Vornahme einer rechtlich zutreffenden ergänzenden Vertragsauslegung" geltend macht, verdeutlicht, dass er nach wie vor nicht ausschließlich eine bestimmte - auf die Zeitreihe WX4260 beschränkte - ergänzende Vertragsauslegung begehrt.
3. Die Musterfeststellungsklage ist zulässig. Das Oberlandesgericht hat das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 606 ZPO aF zu Recht bejaht.
4. Die vom Oberlandesgericht zum Feststellungsziel III.2.d) getroffene Feststellung, wonach die Musterbeklagte die Zinsen in den Sparverträgen auf Grundlage der Zeitreihe der Deutschen Bundesbank zu den Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren anzupassen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Regelungslücke, die durch die Unwirksamkeit der Zinsänderungsklausel bei gleichzeitiger Wirksamkeit der Vereinbarung über die Variabilität der Zinshöhe entstanden ist, hat das Gericht - auch im Rahmen einer Musterfeststellungsklage nach §§ 606 ff. ZPO aF - im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (§§ 133, 157 BGB) zu schließen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, BGHZ 231, 215 Rn. 41 ff.), die der selbständigen und uneingeschränkten Nachprüfung durch das Revisionsgericht unterliegt (Senatsurteile vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, BGHZ 185, 166 Rn. 20 und vom 6. Oktober 2021, aaO Rn. 56). Dabei muss es die maßgeblichen Parameter einer Zinsanpassung und damit insbesondere einen Referenzzins für die variable Verzinsung des Sparguthabens bestimmen (Senatsurteile vom 6. Oktober 2021, aaO Rn. 41, 81 ff. und vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, WM 2023, 326 Rn. 18). Maßstab für die ergänzende Vertragsauslegung ist bei Massengeschäften wie den streitgegenständlichen Sparverträgen ebenso wie für die Auslegung und Inhaltskontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht der Wille der konkreten Vertragsparteien. Es ist vielmehr aufgrund einer objektiv-generalisierenden Sicht auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise abzustellen (Senatsurteile vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08, WM 2011, 306 Rn. 16, vom 13. Mai 2014 - XI ZR 170/13, WM 2014, 1325 Rn. 106 und vom 6. Oktober 2021, aaO Rn. 44).
a) Wie der Senat mit heute verkündetem Urteil (XI ZR 44/23) entschieden und begründet hat, ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Referenzzins für Sparverträge der vorliegenden Art nicht nach der Methode gleitender Durchschnitte zu berechnen ist (vgl. auch Senatsurteile vom 21. Dezember 2010 - XI ZR 52/08, WM 2011, 306 Rn. 23 f. und vom 25. April 2023 - XI ZR 225/21, juris Rn. 19). Die Revision hat keine Argumente vorgebracht, die Anlass für eine Änderung der Senatsrechtsprechung geben. Die Feststellungsziele III.2.a) bis c), wonach der Zinsanpassung jeweils Referenzzinsen zugrunde zu legen seien, die nach der Methode der gleitenden Durchschnitte zu berechnen sind, hat das Oberlandesgericht daher zu Recht als unbegründet zurückgewiesen.
b) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist weiter, dass das Oberlandesgericht nicht die mit dem Feststellungsziel III.2.a) in erster Linie geltend gemachte Zeitreihe der Deutschen Bundesbank mit der ehemaligen Kennung WX4260 und damit die Umlaufsrenditen inländischer Hypothekenpfandbriefe mit einer Restlaufzeit von über 9 bis einschließlich 10 Jahren als Referenzzins herangezogen hat. Wie der Senat mit heute verkündetem Urteil (XI ZR 44/23) entschieden und begründet hat, kommen Umlaufsrenditen von Hypothekenpfandbriefen als Referenzzins für die variable Verzinsung risikoloser Spareinlagen bei der gebotenen objektiv-generalisierenden Sicht im Rahmen der vorzunehmenden ergänzenden Vertragsauslegung nicht in Betracht. Die in der Zeitreihe WX4260 erfassten Zinsen für Hypothekenpfandbriefe spiegeln trotz ihrer Besicherung durch Pfandbriefe nicht den "risikolosen" Marktzins wider, sondern enthalten, wie das sachverständig beratene Oberlandesgericht ausgeführt hat, einen Risikoaufschlag, der im Vergleich zu den Umlaufsrenditen von Bundesanleihen zu einer vergleichsweise höheren Verzinsung führt.
c) Die vom Oberlandesgericht herangezogenen Umlaufsrenditen inländischer Bundeswertpapiere mit Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren genügen, wie der Senat ebenfalls mit heute verkündetem Urteil (XI ZR 44/23) entschieden und begründet hat, den Anforderungen, die im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung an einen Referenzzins für die variable Verzinsung der Sparverträge zu stellen sind.
Sie werden von der Deutschen Bundesbank, einer unabhängigen Stelle, nach einem genau festgelegten Verfahren ermittelt und in deren Monatsberichten regelmäßig in der Zeitreihe mit der Bezeichnung BBSIS.M.I.UMR.RD.EUR. S1311.B.A604.R0815.R.A.A._Z._Z.A (ehemalige Zeitreihe WU9554) veröffentlicht und begünstigen daher weder einseitig die Sparer noch die beklagte Sparkasse. Die Umlaufsrenditen von Bundesanleihen spiegeln, wie das sachverständig beratene Oberlandesgericht ausgeführt hat, die jeweils aktuellen risikolosen Zinsen am Kapitalmarkt wider und enthalten in Ermangelung eines Ausfallrisikos keinen Risikoaufschlag. Damit sind sie im Hinblick auf das fehlende Ausfallrisiko als Referenz für die variable Verzinsung der Sparverträge geeignet. Da die Sparverträge, wie der Senat bereits entschieden hat (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, BGHZ 231, 215 Rn. 85), auf ein langfristiges Sparen bis zum Ablauf des 15. Sparjahres ausgerichtet sind, sind als Referenz veröffentlichte Marktzinssätze oder Umlaufsrenditen (vgl. Senatsurteil vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, WM 2023, 326 Rn. 18) zugrunde zu legen, die einer Laufzeit von 15 Jahren möglichst nahe kommen (Senatsurteil vom 6. Oktober 2021, aaO). Danach ist das Oberlandesgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Restlaufzeiten von über 8 bis 15 Jahren der herangezogenen Umlaufsrenditen der typisierten Spardauer bis zum Erreichen der höchsten Prämienstufe nach 15 Jahren hinreichend nahe kommen. Unschädlich ist dabei, dass die als Referenz herangezogene Zeitreihe auch Restlaufzeiten von unter 15 Jahren enthält. Denn bei der vom Senat angenommenen typischen Spardauer von 15 Jahren handelt es sich nicht um eine durch den Sparvertrag vorgegebene feste Spardauer, sondern um das Auslegungsergebnis aufgrund einer objektiv-generalisierenden Sicht auf die typischen Vorstellungen der an Geschäften gleicher Art beteiligten Verkehrskreise. Dieses Ergebnis lässt auch Laufzeiten des Referenzzinses von unter 15 Jahren zu. Die von der Revision in diesem Zusammenhang erhobenen Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und nicht für durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).
Soweit das Oberlandesgericht rechtsfehlerhaft nur solche Zeitreihen als Referenz in Betracht gezogen hat, die zum Zeitpunkt der Abschlüsse der Sparverträge bereits veröffentlicht waren, beruht die Entscheidung nicht auf diesem Rechtsfehler. Auch insoweit gelten die in dem heute verkündeten Urteil (XI ZR 44/23) enthaltenen Erwägungen. Das Oberlandesgericht hat entsprechend dem Feststellungsziel III.2.d) im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung einen Referenzzins bestimmt, der den an ihn zu stellenden Anforderungen genügt.
5. Keinen Erfolg hat die Revision schließlich, soweit sie beanstandet, das Oberlandesgericht habe dem Feststellungsziel III.5.a) insoweit nicht entsprochen, als der Musterkläger mit ihm geltend macht, dass ein negativer vertraglicher Zinssatz bei der Zinsanpassung ausgeschlossen sei. Insoweit liegt keine klärungsbedürftige Rechtsfrage vor.
Rechtsfragen, die rechtliche Voraussetzungen im Sinne von § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO aF darstellen, sind u.a. dann nicht klärungsbedürftig, wenn sie in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bereits hinlänglich geklärt, in Instanzrechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannt und zwischen den Parteien unstreitig sind (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 2021 - XI ZR 234/20, BGHZ 231, 215 Rn. 36; vgl. auch Amrhein, Die Musterfeststellungsklage, 2020, S. 107 f.; Rohls in Nordholtz/Mekat, Musterfeststellungsklage, 1. Aufl., § 3 Rn. 49; Waßmuth/Dörfler in Asmus/Waßmuth, Kollektive Rechtsdurchsetzung, 1. Aufl., § 606 ZPO Rn. 102; weiter hingegen BeckOK ZPO/Lutz, 50. Ed. 1.7.2023, § 606 Rn. 20; Röthemeyer, Musterfeststellungsklage, 2. Aufl., § 606 ZPO Rn. 12; ders., VDuG, 1. Aufl., § 41 VDuG Rn. 7). So liegen die Dinge hier.
Nach der Rechtsprechung des Senats zu vergleichbaren Sparverträgen ist diesen eine Zinsuntergrenze von 0% immanent (vgl. Senatsurteile vom 13. April 2010 - XI ZR 197/09, BGHZ 185, 166 Rn. 27, vom 24. Januar 2023 - XI ZR 257/21, WM 2023, 326 Rn. 27 und vom 25. Juli 2023 - XI ZR 221/22, BGHZ 238, 47 Rn. 33 mwN), was auch in Instanzrechtsprechung und Schrifttum anerkannt ist (OLG Dresden, WM 2022, 1973, 1976; Langner in Ellenberger/Bunte, Bankrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 45 Rn. 94 aE; Furche, WM 2022, 1041, 1045; Furche/Götz, WM 2019, 2290, 2299; Wimmer/Rösler, WM 2022, 1963, 1965, 1967). Die Musterbeklagte teilt diese Ansicht ebenfalls.
Ellenberger Sturm Matthias Schild von Spannenberg Ettl Vorinstanzen: OLG Naumburg, Entscheidung vom 08.02.2023 - 5 MK 1/20 -