VIa ZR 1090/23
BUNDESGERICHTSHOF VIa ZR 1090/23 Nachschlagewerk: nein BGHZ:
nein BGHR:
ja JNeu:
nein BESCHLUSS vom 29. Oktober 2024 in dem Rechtsstreit ZPO § 287; BGB § 242 A, D Zur Schätzung von Nutzungsvorteilen bei Wohnmobilen im Rahmen der deliktischen Vorteilsausgleichung.
BGH, Beschluss vom 29. Oktober 2024 - VIa ZR 1090/23 - OLG Celle LG Hildesheim ECLI:DE:BGH:2024:291024BVIAZR1090.23.0 Der VIa. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 29. Oktober 2024 durch die Richterin am Bundesgerichtshof Dr. C. Fischer als Vorsitzende, die Richterinnen Möhring, Dr. Krüger, Wille und den Richter Liepin beschlossen: Der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens wird abgelehnt.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des 16. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Celle vom 20. Oktober 2023 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens (§ 97 Abs. 1 ZPO).
Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis 80.000 €.
Gründe:
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts sowie die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
Insbesondere ist eine Zulassung der Revision nicht deshalb veranlasst, weil das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV auf Ersatz eines Differenzschadens mit der Begründung verneint hat, unter Berücksichtigung der Nutzungsvorteile der Klägerin sowie des Restwerts des von ihr erworbenen Wohnmobils werde ein etwaiger Differenzschaden vollständig aufgezehrt.
Die Voraussetzungen des Art. 267 AEUV für eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union liegen nicht vor, weil die nationalen Gerichte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs befugt sind, dafür Sorge zu tragen, dass der Schutz der unionsrechtlichen gewährleisteten Rechte nicht zu einer ungerechtfertigten Bereicherung des Anspruchsberechtigten führt (vgl. EuGH, Urteil vom 21. März 2023 - C-100/21, NJW 2023, 1111 Rn. 87 ff., 94; BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21, BGHZ 237, 245 Rn. 80; Beschluss vom 15. Mai 2023 - VIa ZR 111/22, juris).
Ebenso wenig stellen sich zulassungsrelevante Rechtsfragen im Hinblick auf die Schätzung der anzurechnenden Nutzungsvorteile anhand der vom Berufungsgericht in Bezug auf das von der Klägerin erworbene und genutzte Wohnmobil sinngemäß angewandten Berechnungsformel Kaufpreis x Nutzungszeit seit Erwerb [in Monaten] Erwartete Restnutzungszeit im Erwerbszeitpunkt [in Monaten].
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist die Bemessung der Höhe eines Schadensersatzanspruchs - und damit des auf den Schaden anzurechnenden Vorteils - in erster Linie Sache des nach § 287 ZPO besonders freigestellten Tatrichters. Sie ist revisionsrechtlich nur daraufhin überprüfbar, ob der Tatrichter erhebliches Vorbringen der Parteien unberücksichtigt gelassen, Rechtsgrundsätze der Schadensbemessung verkannt, wesentliche Bemessungsfaktoren außer Betracht gelassen oder seiner Schätzung unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt hat. Hingegen ist es nicht Aufgabe des Revisionsgerichts, dem Tatrichter eine bestimmte Berechnungsmethode vorzuschreiben (BGH, Urteil vom 7. Februar 2023 - VI ZR 137/22, NJW 2023, 1718 Rn. 50; Urteil vom 24. Juli 2023 - VIa ZR 752/22, NJW 2023, 3010 Rn. 12, jeweils mwN). Es entspricht zudem ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass der Wert von Vorteilen bei der Eigennutzung beweglicher Sachen grundsätzlich nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet wird, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des vereinbarten Kaufpreises (vgl. BGH, Urteil vom 26. Juni 1991 - VIII ZR 198/90, BGHZ 115, 47, 54 f.; Urteil vom 31. März 2006 - V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 Rn. 12 f.; Urteil vom 8. September 2016 - IX ZR 52/15, NJW 2016, 3783 Rn. 13, jeweils mwN). Soweit es um Kraftfahrzeuge geht, kann der Tatrichter sich dabei an den gefahrenen Kilometern und der voraussichtlichen Gesamtlaufleistung orientieren (vgl. BGH, Urteil vom 8. September 2016, aaO; Urteil vom 25. Mai 2020 - VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316 Rn. 80 ff.; Urteil vom 29. September 2021 - VIII ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 53 ff.).
Bei Wohnmobilen tritt neben die Nutzung im Straßenverkehr die bestimmungsgemäße Nutzung zu Wohnzwecken, die sich auch in der Bauart niederschlägt. Bereits deshalb begegnet es im Grundsatz keinen Bedenken, wenn der Tatrichter in Ausübung des ihm nach § 287 ZPO zustehenden Ermessens bei der Ermittlung der zeitanteiligen linearen Wertminderung der Sache auf die Laufleistung und/oder - wie nach der vorstehend wiedergegebenen Formel - auf eine etwa in Monaten bemessene Nutzungszeit abstellt. Dass sich diese tatrichterliche Entscheidung auf die Höhe des anzurechnenden Vorteils auswirken kann, ändert daran nichts; mit der Schätzung nach § 287 ZPO zwangsläufig einhergehende Unschärfen sind hinzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 6. Dezember 2012
- VII ZR 84/10, NJW 2013, 525 Rn. 23 f.; Urteil vom 23. September 2014 - XI ZR 215/13, BKR 2015, 339 Rn. 39; Urteil vom 29. September 2021 - VIII ZR 111/20, BGHZ 231, 149 Rn. 56 ff.; Urteil vom 24. Juli 2023 - VIa ZR 752/22, NJW 2023, 3010 Rn. 12).
Die geltend gemachte Verletzung von Verfahrensgrundrechten hat der Senat geprüft, aber für nicht durchgreifend erachtet.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 ZPO abgesehen.
C. Fischer Möhring Krüger Wille Liepin Vorinstanzen: LG Hildesheim, Entscheidung vom 04.11.2022 - 4 O 154/22 OLG Celle, Entscheidung vom 20.10.2023 - 16 U 589/22 -